Wirtschaftlichkeit

Martin Brüggemeier

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-296

Der Begriff W. beschreibt zunächst lediglich eine formale Relation zwischen eingesetzten Mitteln (Input) und dem erreichten Ergebnis (Output). Dabei können sowohl Mengen als auch Werte ins Verhältnis gesetzt werden. Das aus dem allgemeinen Rationalprinzip abgeleitete Wirtschaftlichkeitsprinzip besagt, dass ein Handeln dann rational ist, wenn eine möglichst günstige bzw. optimale Input-Output- bzw. Kosten-Nutzen-Relation erreicht wird. Indem entweder der Input oder der Output konstant bzw. variabel gesetzt werden, entstehen die zwei möglichen Varianten des Wirtschaftlichkeitsprinzips: Beim Maximumprinzip soll mit vorgegebenen Mitteln möglichst viel erreicht werden, während es beim Minimumprinzip darum geht, ein vorgegebenes Ergebnis mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu realisieren.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird die W. einer Weiterbildungseinrichtung durch eine periodisierte (Monat, Quartal, Jahr) Gegenüberstellung von durch die Leistungs­erstellung verursachtem Ressourcenverbrauch (Input) und erbrachten Leistungen (Output) ermittelt. Bei Weiterbildungseinrichtungen kann die Leistungserstellung von Bildung und Beratung in verschiedenen Formen erfolgen: Kurse, Einzelveranstaltungen, Abschluss- und Zwischenprüfungen, Ausstellungen, Studienfahrten, Beratungsgespräche und Bereitstellung terminunabhängiger, individueller Lernmöglichkeiten. So kann der Input für eine Leistung zumeist in Unterrichtseinheiten gemessen werden, hinter denen die damit verbundenen Kosten (z. B. Personal-, Material-, Raumkosten) stehen. Der Output kann einerseits unmittelbar in Geldwerten quantifiziert werden. Diese umfassen die erwirtschafteten Beiträge in Form von Teilnahme-Entgelten und Einnahmen aus Auftrags- oder Sondermaßnahmen. Andererseits umfasst er den pädagogischen Nutzen in Form eines Lernzuwachses bei den Teilnehmenden. Da bei Weiterbildungseinrichtungen somit die Inputs i. d. R. genauer quantifizierbar sind als die Outputs, besteht die Gefahr, dass zur Verbesserung der gemessenen W. erfassbare Kosten zu Lasten von nicht-erfassbarem pädagogischem Nutzen reduziert werden. Dies unterstreicht die Bedeutung des Qualitätsmanagements und der Qualitätsentwicklung (Qualität), da hier explizit auch der nicht-erfassbare Nutzen in den Fokus rückt.

Zur Feststellung und Überprüfung der innerorganisationalen W. wird insb. die Kosten- und Leistungsrechnung herangezogen. In ihrem Rahmen hat sich als Instrument zur Kostenanalyse und als Orientierungsgröße bei der Steuerung von Weiterbildungseinrichtungen die Deckungsbeitragsrechnung bewährt. Hierbei werden die variablen Kosten fokussiert, also die mit der Leistungserstellung verbundenen Einzelkosten in einer Rechnungsperiode, und vom Erlös der Leistung (insb. Teilnahme-Entgelte) abgezogen. Der so errechnete Deckungsbeitrag ermöglicht es, unwirtschaftliche Leistungen aufzuspüren, die nicht zur Deckung der fixen Kosten beitragen.

W. erschöpft sich weder in bloßer „Sparsamkeit“ noch darf sie bei Weiterbildungseinrichtungen ohne erwerbswirtschaftliche Zielsetzung mit „Gewinn“ oder „Rentabilität“ gleichgesetzt werden. Für ein angemessenes Verständnis von W. ist entscheidend, welcher (Primär-)Zweck von der Weiterbildungseinrichtung verfolgt wird. Hiernach entscheidet sich, welche Input- bzw. Outputgrößen mit welchen Wertansätzen zu erfassen sind. Ist in erster Linie das Angebot von Leistungen auf dem Weiterbildungsmarkt als Mittel zum Zweck der Erzielung von Einkünften zu betrachten, so handelt es sich bei Gewinn- bzw. Rentabilitätskennzahlen um adäquate Maßstäbe zur Beurteilung der W. Sind jedoch die angestrebten pädagogischen bzw. bildungspolitischen Wirkungen der Weiterbildungsangebote als eigentlicher Zweck zu betrachten (Erträge von Erwachsenen- und Weiterbildung), so dient die Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsprinzips keinem Selbstzweck der Einrichtung. W. stellt dann vielmehr eine wichtige Nebenbedingung dar. In diesem Fall wäre ein quantitativ und qualitativ klar definiertes Weiterbildungsangebot dann „wirtschaftlich“, wenn bspw. seine Realisierung als öffentliche Aufgabe unter Berücksichtigung des Minimumprinzips erfolgt (Gemeinwirtschaftlichkeit). Den Grad an W. in normativem Sinne ausschließlich bzw. generell über den (möglichst hohen) Kostendeckungsgrad zu bestimmen (Eigenwirtschaftlichkeit), greift hingegen zu kurz. Denn Bildung bzw. Weiterbildung als meritorisches Gut wird oftmals gerade deshalb in öffentlicher Verantwortung zu nicht kostendeckenden Entgelten angeboten, weil die Nachfrage gemäß den bildungs- und gesellschaftspolitischen Zielen beeinflusst werden soll.

Für ein angemessenes Verständnis von W. ist weiterhin wichtig, dass normative Aussagen über die W. von Weiterbildungseinrichtungen oder -angeboten nur möglich sind, wenn es Maßstäbe gibt. Insb. dort, wo aufgrund eingeschränkter Wettbewerbsbedingungen und öffentlicher Finanzierung eine Evaluation der Weiterbildungseinrichtung durch den Weiterbildungsmarkt nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, lässt sich W. bspw. nur auf der Basis von Zeit- und/oder Institutionen- bzw. Prozessvergleichen (Benchmarking) beurteilen. Dies geschieht im Rahmen des Controllings in Weiterbildungseinrichtungen. Hiermit wird zugleich die politische Komponente von W. deutlich. Es geht angesichts eines wachsenden ökonomischen Legitimationsdrucks auf bzw. in öffentlich finanzierten Weiterbildungseinrichtungen letztlich auch darum, wie die Definitionsmacht für Kriterien und Maßstäbe der W. verteilt ist.

Neben zu optimierenden Input-Output-Relationen zeigt sich wirtschaftliches Denken auch darin, dass

  • Mängel bewusst wahrgenommen werden und nicht ignoriert wird, dass politisch-strategische Zielsetzungen unrealistisch sind, wenn die verfügbaren Ressourcen zur Zielerreichung nicht ausreichen.
  • in Restriktionen bzw. Knappheitsbedingungen gedacht und Prioritäten und Posterioritäten gesetzt sowie Ausgaben und Einnahmen im Gleichgewicht gehalten werden.
  • Alternativen und Investitionskategorien hinsichtlich ihrer Chancen, Risiken und Nutzenpotenziale abgewogen werden und auch der potenziell entgehende Nutzen der nicht gewählten Alternative (Opportunitätskosten) kalkuliert wird.
  • für fälschlich getätigte Investitionen, die irreversible Kosten verursacht haben (sunk costs), nicht weitere Investitionen veranlasst werden.
  • dynamisch über (nicht) erfolgte und künftig anzustrebende Änderungen nachgedacht wird.

Obwohl offensichtlich ist, dass sich die genannten allgemeinen Maximen der W. nicht nur im Denken und Handeln von Ökonomen widerspiegeln, sondern u. a. auch von Pädagoginnen und Pädagogen angewandt werden, stößt W. im Kontext der Erwachsenen- und Weiterbildung nach wie vor auf grundsätzliche Vorbehalte. Dabei wird übersehen, worauf Friedrich Edding als Nestor der Bildungsökonomie bereits zu Beginn der 1960er Jahre aufmerksam machte: Kein Bereich der Gesellschaft, in dem verantwortlich gehandelt wird, kann sich ökonomischen Zwängen entziehen. Denn eine Nichtbewirtschaftung knapper Ressourcen wäre mit der ethisch zweifelhaften Inkaufnahme von Verschwendung verbunden. Wohlverstandenes wirtschaftliches Denken und Handeln ist insofern kein Ausdruck eines übergriffigen neoliberalen Ökonomismus, sondern zu verstehen als „eine Grundkategorie des schöpferischen menschlichen Lebens […], eine unlöslich mit allen Bereichen menschlichen Tuns verbundene Seite des geistigen Seins“ (Edding, 1963, S. 101).

Literatur

Budäus, D. (1996). Wirtschaftlichkeit. In F. Naschold, D. Budäus, W. Jann, E. Mezger, M. Oppen, A. Picot, C. Reichard, E. Schanze & N. Simon (Hrsg.), Leistungstiefe im öffentlichen Sektor (S. 81–100). Berlin: Sigma.

Edding, F. (1963). Ökonomische Forschung im Dienste des Bildungswesens. Zur Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Bildungsaufwands. In E. Lemberg (Hrsg.), Das Bildungswesen als Gegenstand der Forschung (S. 101–124). Heidelberg: Quelle & Meyer.

Friedrich, K., Meisel, K. & Schuldt, H. J. (2005). Wirtschaftlichkeit in Weiterbildungseinrichtungen (Reihe Studientexte für Erwachsenenbildung, Bd. 1, 3., akt. u. überarb. Aufl.). Bielefeld: W. Bertelsmann.

Mühlenkamp, H. (2015). Wirtschaftlichkeit im öffentlichen Sektor. Berlin: De Gruyter Oldenbourg.

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