Weiterbildungsanbieter

Ekkehard Nuissl

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-288

Organisiertes Lernen in der Erwachsenenbildung findet in Maßnahmen statt, die von Einrichtungen und Institutionen der Weiterbildung angeboten werden. Diese Einrichtungen und Institutionen fasst man unter dem Begriff W. zusammen. Es handelt sich um eine außerordentlich heterogene Gruppe von Organisationen, die mehr oder weniger in der Weiterbildung tätig sind. Sie sind erst Anfang der 1990er Jahre ins Blickfeld der bildungspolitischen Diskussion geraten, nicht zuletzt wegen ihrer wachsenden Bedeutung für Produktionsketten und deren Qualitätssicherungsanforderungen. Leitung und Management sowie Organisationsentwicklung sind seitdem wichtiger Bestandteil der Debatte um W.

Eine erste grundlegende Unterscheidung der W. liegt darin, ob Weiterbildung ihre Haupt- oder Nebenaufgabe ist. Diejenigen Einrichtungen, deren Hauptaufgabe das Angebot von Weiterbildung darstellt, sind i. d. R. größeren Trägerorganisationen zugeordnet oder in sektoralen Verbünden zusammengefasst. Dazu zählen z. B. die kommunalen und regio­nalen Volkshochschulen (vhs), die Weiterbildungseinrichtungen der Konfessionen (konfessionelle Erwachsenenbildung), private W. (z. B. Sprachschulen) sowie kleinere W., die sich auf spezifische Bereiche wie Gesundheit, Rhetorik, Kommunikation und neue Medien konzentrieren.

Die Komplexität der Anbieterstruktur bewirkt eine sehr fragmentierte Datenlage. Über manche Bereiche des Anbieterspektrums liegen differenzierte Daten vor, während andere kaum erfasst sind. Das Weiterbildungskataster des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung geht von insgesamt deutlich über 20 Tsd. Anbietern in Deutschland aus, von denen über die Hälfte privat veranlasst sind (Schrader & Martin, 2021).

Diejenigen W., bei denen Weiterbildung neben anderen Aufgaben steht oder aber eine nachgeordnete oder dienende Funktion spielt, bilden drei Gruppen:

  1. größere gesellschaftliche Organisationen, die andere Hauptziele verfolgen, z. B. Gewerkschaften (gewerkschaftliche Bildungsarbeit), Arbeitgeberverbände, Handwerksorganisationen und Kammern, Sportvereine (Weiterbildung im Sport), Wohlfahrtsvereine und Kirchen;
  2. Einrichtungen wie mediale und kulturelle Institutionen, die Weiterbildung anbieten (z. B. Museen, Bibliotheken, Massenmedien), andere Bildungseinrichtungen (insb. Hochschulen und Berufsschulen), Landeseinrichtungen der Lehrerbildung u. a.;
  3. Unternehmen und Betriebe, die innerbetriebliche Weiterbildung (betriebliche Weiterbildung) vorhalten, initiieren und fördern oder auch in außerbetrieblichen Kontexten Weiterbildung organisieren.

Zu (1). Eine seit 2009 regelmäßig vorgenommene Erhebung der W. der ersten Kategorie (Hauptaufgabe Weiterbildung) zeigte 2021, dass von insgesamt etwa 20 Tsd. Weiterbildungsanbietern in Deutschland ausgegangen werden kann (Widany et al., 2021). Geordnet nach Trägern stellen als Privatunternehmen geführte W. fast die Hälfte, Einrichtungen in der Rechtsform eines Vereins (ohne vhs) etwa ein Fünftel, öffentlich-rechtliche Bildungseinrichtungen etwa 8 Prozent, Einrichtungen von Arbeitgeberverbänden und Kammern 7,8 Prozent, von konfessionellen Anbietern 6,7 Prozent und vhs 5,3 Prozent dar (ebd.).

Zu (2). Eine Erhebung der W. in der zweiten Kategorie, also Einrichtungen, die Weiterbildung nur neben anderen Aufgaben erledigen, liegt übergreifend nicht vor; sie ist auch schwer zu realisieren.

Zu (3). Die Problematik der Datenerhebung gilt auch für die innerbetriebliche Weiterbildung, zu der allerdings das IAB-Betriebspanel vorliegt – eine repräsentative jährliche Befragung von Betrieben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (Behringer et al., 2016). Innerbetriebliche Weiterbildung ist unterschiedlich strukturiert und in den Organisationen unterschiedlich angesiedelt. Immerhin zeigt sich nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamts zur beruflichen Weiterbildung in Unternehmen in den EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen des Continuing Vocational Training Survey (CVTS), dass etwa 4 Prozent der Unternehmen ein eigenes internes Bildungszentrum und rund 15 Prozent der Unternehmen Weiterbildung nach einem Plan mit eigenem Budget betreiben (Destatis, 2017; auch Behringer et al., 2016). Belastbare Daten über den Umfang der Maßnahmen anderer W. in dieser Kategorie liegen nicht vor, ebenso wenig wie übergreifende Daten zu Weiterbildung in den anderen Gruppen dieser Kategorie.

Je nach Interesse werden W. unterschiedlich kategorisiert. Bekannt ist bspw. der Unterschied zwischen offenen (z. B. vhs) und geschlossenen (z. B. Betriebe) Weiterbildungsanbietern. Das Kriterium ist hier der Zugang zu den Angeboten. Auch werden Kategorisierung nach Inhaltsbereichen (Inhalte – Themen) oder Adressatengruppen vorgenommen, ebenso solche nach Finanzierungsstrukturen (Finanzierung der Weiterbildung), Einzugsbereich oder Rechtsformen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020).

Bei den Weiterbildungsanbietern überwiegt die Zahl der kleinen bis mittleren Einrichtungen (bis 30 hauptberuflich Beschäftigte); große W. sind die Ausnahme. Die professionelle Gestaltung organisatorischer Anforderungen (z. B. Management, Public Relations, Fortbildung, Planung) erweist sich daher oft als schwierig. Eine dynamische Weiterentwicklung in Zahl und Qualität der W. ist trotz wachsender Teilnehmerzahlen und erweiterten Tätigkeitsfeldern (z. B. Beratung) nicht festzustellen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat die Kooperation der W. untereinander immer mehr zugenommen (Netzwerke – Kooperationen). Dies war besonders aufgrund von Pro­ble­men bei der Finanzierung oder der Frage, wie bestimmte Zielgruppen erreicht werden können, erforderlich. Eine seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende Kooperation zwischen vhs und Gewerkschaften hat sich in der Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Leben verstetigt.

Literatur

Autorengruppe Bildungsberichterstattung. (2020). Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Bielefeld: wbv Publikation.

Behringer, F., Forbrig, D., Kaufmann, K., Kuper, H., Reichart, E., Schönfeld, G. & Widany, S. (2016). Datenlage. In H. Kuper, F. Behringer & J. Schrader (Hrsg.), Entwicklung von Indikatoren und einer Datengewinnungsstrategie für die Weiterbildungsstatistik in Deutschland. Eine Expertise (Reihe Wissenschaftliche Diskussionspapiere, Heft 176, S. 28–58). Bonn: BIBB.

Schrader, J. & Martin, A. (2021). Weiterbildungsanbieter in Deutschland: Befunde aus dem DIE-Weiterbildungskataster. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 44, 333–360.

Statistisches Bundesamt. (2017). Berufliche Weiterbildung in Unternehmen. Fünfte Europäische Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen (CVTS5). 2015. Wiesbaden: Destatis.

Widany, S., Reichart, E., Christ, J. & Echarti, N. (Hrsg.). (2021). Trends der Weiterbildung. DIE-Trendanalyse 2021 (Reihe DIE Survey. Daten und Berichte zur Weiterbildung, Bd. 10). Bielefeld: wbv Publikation.

Weiterbildung im Sport
Weiterbildungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit