Weiterbildungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit

Detlef Kuhlenkamp

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-289

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit Sitz in Nürnberg ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie unterliegt der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und ist zuständig für die Umsetzung des Sozialgesetzbuchs (SGB) Teil III Arbeitsförderung. Sie ist die Nachfolgeorganisation der Bundesanstalt für Arbeit, die 1969 mit der Verabschiedung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) des Bundes neben den Aufgaben der Berufsberatung, Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung auch die der Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung erhielt.

Das AFG enthielt in den ersten Jahren nach seiner Verabschiedung großzügige Regelungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung und Umschulung als Teil einer präventiven Arbeitsmarktpolitik, die darauf abzielte, durch ständige Qualifizierung (Qualifikation) und Kompetenzerweiterung (Kompetenz) der Beschäftigten Arbeitslosigkeit nicht eintreten zu lassen, und nicht nur kurativ auf eingetretene Arbeitslosigkeit zu reagieren. Diese präventiven Regelungen sind seit Ende der 1970er Jahre zunehmend eingeschränkt worden. Das AFG wurde 1997 – nachdem es bis dahin rund 100-mal novelliert worden war – vom Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung (AFRG) abgelöst, das zum 1.1.1998 in das Sozialrecht als SGB III eingegliedert wurde. Damit änderte sich auch der grundsätzliche Ansatz des Arbeitsförderungsrechts. Im SGB III soll v. a. durch Information, Beratung und Vermittlung eine zügige Besetzung offener Stellen erfolgen. Arbeitgeber sollen vorrangig durch betriebliche Maßnahmen der Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitsförderung sowie der Entlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entgegenwirken. Von Arbeitnehmenden wird im Gesetz erwartet, dass sie ihre berufliche Leistungsfähigkeit den sich ändernden Anforderungen anpassen und zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine zumutbare Beschäftigung aufnehmen. Im SGB III wird nicht mehr wie im AFG zwischen beruflicher Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung unterschieden, sondern es wird einheitlich der Begriff „berufliche Weiterbildung“ verwandt. Die finanziellen Ressourcen zur Umsetzung des SGB III stammen aus den Pflichtbeiträgen zur Arbeitslosenversicherung von Arbeitnehmenden und deren Arbeitgebern.

Die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III richtet sich an Personen, die entweder arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, keinen Berufsabschluss haben oder mehr als vier Jahre in an- oder ungelernter Tätigkeit unterhalb ihres Berufsabschlusses beschäftigt gewesen sind. Daneben fördert die BA den nachträglichen Erwerb des Hauptschul- oder eines gleichwertigen Schulabschlusses. Außerdem können Arbeitnehmende bei beruflicher Weiterbildung durch die volle oder teilweise Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn sie über 45 Jahre alt und nicht arbeitslos sind, einem Betrieb mit weniger als zehn oder weniger als 250 Beschäftigten angehören und die von ihnen absolvierte Maßnahme außerhalb ihres Betriebs durchgeführt wird sowie Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, „die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen“ (§ 82 SGB III).

Übernimmt die BA die Lehrgangskosten nur zu 50 oder 25 Prozent, sind die verbleibenden Kosten vom Betrieb und/oder von den Arbeitnehmenden zu tragen. Bei jüngeren Beschäftigten ist eine Förderung nur möglich, wenn der Betrieb mindestens 50 Prozent der Kosten übernimmt. Voraussetzung für die Förderung durch die Übernahme der Weiterbildungskosten ist die vorangegangene Beratung durch eine Agentur für Arbeit. Neben der Eingrenzung des förderungsfähigen Personenkreises und der erstattungsfähigen Kosten besteht eine weitere Förderungsbarriere in der Weise, dass die Anbieter von beruflicher Weiterbildung – im Gesetz „Träger“ genannt – von einer „Fachkundigen Stelle“ ebenso anerkannt sein müssen wie die von ihnen angebotenen Maßnahmen. Dieses Anerkennungsverfahren ist in der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung – AZAV vom 2.4.2012 (BGBl. I S. 504) geregelt (Akkreditierung). Wenn Voraussetzungen und Bedingungen für eine Förderung nach dem SGB III erfüllt sind, stellt die BA einen Bildungsgutschein aus. Diesen reichen die Arbeitnehmenden bei einem anerkannten Träger für eine anerkannte Maßnahme ein.

Mit der Begrenzung des förderungsfähigen Personenkreises und den Regelungen zur Anerkennung (Anerkennung – Validierung) von Veranstaltern und ihrer Angebote hat die BA ihre Bedeutsamkeit bei der Weiterbildungsförderung deutlich eingeschränkt. Dies ist an der Förderungsstatistik ablesbar: Nachdem die Ausgaben der BA für die Förderung von beruflicher Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung in den 1990er Jahren bereits deutlich gefallen waren, verminderten sie sich nach der Neuausrichtung des SGB III noch einmal deutlich. Gab die BA 1998 für Maßnahmenkosten der beruflichen Weiterbildung noch 3.765.000 Euro aus, so sanken diese Ausgaben im Jahr 2007 schließlich auf 492.624 Euro (Bundesagentur für Arbeit, 2021). Gab es im Jahr der Wirtschaftskrise 2009 noch einen Anstieg auf 1.071.366 Euro, so verringerten sich die Ausgaben der BA schließlich wieder und erreichten im Jahr 2012 mit 352.910 Euro ihren bis dahin niedrigsten Stand. Im Jahr 2016 erhöhten sich die Ausgaben der BA zur Förderung der Weiterbildung nach dem SGB III auf 1.148.787 Euro und stiegen im Jahr 2019 noch einmal auf 1.482.344 Euro. Diese Steigerung lag v. a. an der Verabschiedung des Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsverstärkungsgesetzes (AWStG) vom 18.7.2016, das insb. für gering qualifizierte und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Langzeitarbeitslose den Zugang zur beruflichen Weiterbildung verbessern sollte, sowie an der Integration von zwei Sonderprogrammen in ein sog. Weiterbildungsbudget. Hatten sich die Zahlen der Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III im Jahr 2012 auf 134.024 vermindert, so stiegen sie in den folgenden Jahren wieder an und erreichten im Jahr 2019 mit 208.965 fast den Stand des Jahres 2003; jedoch blieb der durchschnittliche Bestand an Teilnehmenden im Jahr 2019 mit 103.701 deutlich darunter und belegte die Hinwendung der BA zu kurzfristigen Veranstaltungen. So lag der Anteil der Eintritte in Weiterbildungsveranstaltungen mit einer Dauer von unter sechs Monaten in den Jahren 2007 bis 2013 zwischen 73 und 86 Prozent, nachdem dieser Anteil im Jahr 2000 noch 39,8 Prozent betrug. In den letzten Jahren ist der Anteil wieder leicht gefallen und betrug im Jahr 2019 70 Prozent.

Die BA fördert neben der beruflichen Weiterbildung auch Maßnahmen zur „Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ (§ 45 SGB III). Das vorrangige Ziel dieser Förderung ist die berufliche Eingliederung von Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitssuchenden durch die Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, die Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen oder die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sowie die Heranführung an eine selbstständige Tätigkeit oder Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme. Die BA gibt dafür einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein aus. Sie kann jedoch auch Träger mit der Durchführung von Maßnahmen beauftragen. Die Dauer der Veranstaltungen ist i. d. R. auf sechs Wochen und im Ausnahmefall auf zwölf Wochen begrenzt. Die Zahl der Eintritte in derartige Maßnahmen schwankte in den Jahren 2015 bis 2019 zwischen 1.235.994 und 1.532.463. Im Jahr 2019 lag die Zahl der Eintritte bei 1.383.422 und der jährliche Durchschnittsbestand an Teilnehmenden bei 210.007.

Weiterbildung wird auch nach dem Recht der beruflichen Rehabilitation gefördert. Dieses Recht gehört zum Bundesrecht und ist ein zweigeteiltes: Es gehört zum einen zum SGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen und zum anderen zum SGB III Arbeitsförderung. Das SGB III postuliert in § 97 (1): „Behinderten Menschen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern.“ Im Unterschied zum SGB IX handelt es sich hier nicht um eine Rechts- oder Leistungsverpflichtung, sondern um eine Kann-Bestimmung. Im SGB III gilt jedoch nicht die 15-jährige Rentenanwartschaft des SGB IX. Dies führt dazu, dass die BA der spezifische Rehabilitationsträger für jüngere Menschen ist. Der Zugang an Rehabilitandinnen und Rehabilitanden lag in den Jahren 2015 bis 2019 im Rechtskreis SGB III bei rund 50.000, und der durchschnittliche Jahresbestand an zu Rehabilitierenden schwankte zwischen 119.614 im Jahr 2015 und 129.208 im Jahr 2019. Im Rechtskreis SGB II ging die Zahl der Zugänge von rund 19.000 im Jahr 2015 auf 12.737 im Jahr 2019 zurück, während der Bestand im Jahr 2019 51.872 zu Rehabilitierende betrug.

Die BA beteiligt sich auch an der Umsetzung des SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende, das zum 1.1.2005 in Kraft trat. Das Gesetz wird zumeist als „Hartz IV“ bezeichnet, da es als viertes der Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verabschiedet wurde, die auf Vorschläge der vom damaligen Volkswagen-Arbeitsdirektor Peter Hartz geleiteten Kommission zurückgehen. Es soll (Langzeit-)Arbeitslosen ohne Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung und Erwerbstätigen ohne ausreichende Bedarfsdeckung eine Grundsicherung zur Absicherung des Existenzminimums bieten. Die Finanzierung der Grundsicherung und der Eingliederungsleistungen nach dem SGB II erfolgt aus Steuermitteln des Bundes. Die Durchführung des SGB II liegt bei den Jobcentern (§ 6 SGB II), die größtenteils als gemeinsame Einrichtungen von BA und Kommunen tätig sind. Von den 417 im Jahr 2020 operierenden Jobcentern werden 104 als zugelassene kommunale Träger ausschließlich von Kommunen betrieben. Die Jobcenter schließen mit den Empfängerinnen und Empfängern der Grundsicherung sog. Eingliederungsvereinbarungen für jeweils sechs Monate ab, in der auch Bildungsmaßnahmen nach dem SGB III vereinbart werden können. Dazu können Maßnahmen der „Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ (§ 45 SGB III) und zur beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III (§§ 81–87) gehören. Für solche Weiterbildungsveranstaltungen vergeben die Jobcenter wie die BA nach dem SGB III ebenfalls Bildungsgutscheine, die bei nach der AZAV anerkannten Einrichtungen und für nach der AZAV anerkannte Maßnahmen eingelöst werden können. Wie nach dem SGB III sind auch die nach dem SGB II geförderten Maßnahmen größtenteils Kurzzeitmaßnahmen. So lag der Anteil der Eintritte in Veranstaltungen der beruflichen Weiterbildung mit einer Dauer von unter sechs Monaten in den Jahren 2007 bis 2019 zwischen 69 und 75 Prozent. Die Ausgaben sowie die Eintritte und der Bestand an Teilnehmenden bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB II sind seit dem Jahr 2008 stark zurückgegangen; im Jahr 2019 betrugen die Ausgaben 565.535 Euro bei 121.678 Eintritten und einem durchschnittlichen Jahresbestand an Teilnehmenden von 55.454. Dabei sind die Zahlen der zugelassenen kommunalen Träger nicht berücksichtigt.

Bereits während der Geltungsdauer des AFG ist die bildungspolitische Bedeutsamkeit der Weiterbildungsförderung durch die BA aufgrund der zunehmenden Priorität der Arbeitsvermittlung gegenüber der Qualifizierung für neue berufliche Aufgaben deutlich geschwächt worden. Diese Entwicklung wurde in der westlichen Bundesrepublik nur durch die sog. Qualifizierungsoffensive 1985 und 1986 unterbrochen. In den östlichen Bundesländern wurden zur Entlastung des Arbeitsmarkts und zur Milderung der Strukturbrüche nach der deutsch-deutschen Vereinigung Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung und Umschulung noch stärker als in den 1980er Jahren in der westlichen Bundes­re­pu­blik zur primären Zielsetzung der Arbeitsmarktpolitik von Bund und Bundesanstalt. Diese Strategie wurde jedoch auch in den östlichen Bundesländern mit dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms zum Jahresbeginn 1994 aufgegeben.

Insb. seit Verabschiedung der sog. Hartz-Gesetze hat die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die BA einen deutlich verstärkten Bedeutungsverlust durch den Rückgang von Quantität und Intensität aufgrund des Wandels von längerfristigen zu kurzfristigeren Veranstaltungen erlitten. Politische Priorität von Bundesregierung und BA erhielten die möglichst schnelle Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis sowie die Verstärkung von Anreizen und Druck zur Arbeitsaufnahme. Die Zahl der Eintritte in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung liegt deutlich über der Zahl der Eintritte in Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung. Die Einengung des Adressatenkreises der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III und die Intensivierung der Anerkennungsregelungen von Veranstaltern und deren Maßnahmen haben die Weiterbildungsförderung der BA sehr arbeitsmarktzentriert werden lassen. So ist die arbeitsmarktpolitische Orientierung der beruflichen Weiterbildung im Laufe der Jahre sehr verstärkt, die bildungspolitische hingegen geschwächt worden.

Literatur

Bundesagentur für Arbeit. (Hrsg.). (2021). Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Nürnberg: BA.

Dobischat, R., Fischell, M. & Rosendahl, A. (2015). Einführung in das Recht der Weiterbildung. Wiesbaden: Springer VS.

Gagel, A. & Grühn, C. (2012). SGB III Arbeitsförderung mit SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende. Kommentar (Loseblattwerk). München: C. H. Beck.

Gagel, A. & Knickrehm, S. (2016). SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende. Kommentar (Loseblattwerk). München: C. H. Beck.

Kuhlenkamp, D. (2006). Der Wandel von Weiterbildungspolitik und -finanzierung. In O. Peters, J. E. Feucht­hofen & M. Jagenlauf (Hrsg.), Grundlagen der Weiterbildung – Praxishilfen (Loseblattwerk). Neuwied: Luchterhand.

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