Weiterbildung im Sport

Annika Frahsa & Ansgar Thiel

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-287

W. i. S. umfasst formale, non-formale und informelle Lernprozesse (formale – non-formale – informelle Bildung) im, für und durch Sport – insb. in den gemeinwohlorientierten Mitgliedsorganisationen des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB). Mit ca. 8,8 Mio. freiwillig und ehrenamtlich (Ehrenamt) sowie neben- und hauptberuflich Engagierten, von denen sich jeder etwa 20 Stunden pro Monat in rund 91 Tsd. Sportvereinen einbringt, ist der gemeinwohlorientierte Sport einer der größten Bildungsanbieter der Zivilgesellschaft. Er adressiert unterschiedliche Zielgruppen und ergänzt die Bildungsangebote des öffentlich und privatwirtschaftlich organisierten Bildungs- und Weiterbildungssystems. Zum einen fungiert er als Sozialraum für Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb (Kompetenz). Andererseits kann bürgerschaftliches Engagement in einer demokratischen Gesellschaft als „Produzent von Bildungskapital“ (Braun, 2011) verstanden werden (bürgerschaftliches Lernen).

Seit den 1960er Jahren bestehen ausdifferenzierte Strukturen non-formaler Weiterbildung für freiwillig und ehrenamtlich, neben- und hauptberuflich Engagierte im organisierten Sport. Non-formale Weiterbildung umfasst sowohl Qualifizierungen für eine Tätigkeit im organisierten Sport (z. B. sportpraktische oder managementbezogene Aus- und Weiterbildung) als auch Qualifizierungen durch den organisierten Sport. In letzterem Fall tritt der organisierte Sport als Weiterbildungsanbieter für sportbezogene Tätigkeiten in anderen Institutionen auf. Darüber hinaus trägt er zur Persönlichkeitsentwicklung (z. B. Teamfähigkeit, Umgang mit Erfolgen und Niederlagen, Akzeptanz von Regeln) bei (Persönlichkeitsbildung).

Unter dem Dach des DOSB finden sich über 800 verschiedene Aus- und Weiterbildungsgänge als Teil eines Lizenzierungssystems sowie weitere non-formale Weiterbildungsangebote (Angebot). Durch die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung hat der DOSB einheitliche Qualitätskriterien (Qualität) für die lizensierte Aus- und Fortbildung festgelegt, die kontinuierlich fortgeschrieben werden. Diese bieten den Sportvereinen und -verbänden Orientierung zu Weiterbildungsinhalten, die sportartenspezifisch (z. B. Bewegung, Technik, Taktik) oder sportartenübergreifend (z. B. Integration durch Sport, Gesundheitsbildung) sein können (Sygusch, Liebl & Töpfer, 2012).

Durchgeführt werden Weiterbildungsangebote von den Sportorganisationen bzw. deren Landes- und Regionalverbänden, der Deutschen Sportjugend und den Verbändeakademien auf Bundes- und Landesebene. Es werden in vertikaler Hinsicht Qualifizierungsniveaus (z. B. A-, B- oder C-Lizenz des DOSB) und in horizontaler Hinsicht Qualifikationsbereiche (sportartenspezifisch, z. B. Trainerin bzw. Trainer; sportartenübergreifend, z. B. Übungsleiterin bzw. -leiter; administrativ, z. B. Jugendleiterin bzw. -leiter, Sportvereinsentwicklung und -management) unterschieden. Für die Trainerausbildung im Spitzensport bietet die DOSB-Trainerakademie Köln ein sportartenübergreifendes Fortbildungskonzept (Fortbildung) und ein dreijähriges berufsbegleitendes Diplom-Trainer-Studium als vierte und höchste Lizenzstufe der DOSB-Rahmenrichtlinien an. Übungsleiterinnen und -leitern werden außerdem Fortbildungen in Bereichen wie motorische Förderung von Kindern bis hin zu Online-Seminaren zu Rhetorik und Kommunikation angeboten, die z. T. Voraussetzung für Lizenzverlängerungen für Übungsleiter- und Trainerscheine sind.

Aufgrund der Komplexität der Weiterbildungsstruktur, der Vielzahl an zuständigen Ausbildungsorganisationen und einer fehlenden zentralen Datenerfassung ist es kaum möglich, genaue Zahlen zum Weiterbildungsvolumen und zum jährlichen Umfang an Teilnehmenden von Weiterbildungsangeboten im organisierten Sport zu eruieren.

Einen auf repräsentativen Befragungen basierenden empirischen Überblick zu Ausbildungsstrukturen und beschäftigten Personen im organisierten Sport geben die von den 16 Landessportbünden, dem DOSB sowie dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BiSp) finanzierten Sportentwicklungsberichte (z. B. Breuer & Feiler, 2019).

Im Bereich der formalen Weiterbildung ist es seit dem Jahr 2016 auf der Basis von Kooperationsprogrammen von Hochschulen mit dem DOSB möglich, sich in berufsbegleitenden Bachelor-Studiengängen für den Arbeitsmarkt Sport (z. B. Sportverbände oder -vereine) weiterzubilden. Zudem bieten Weiterbildungsakademien von Sportbunden oder Hochschulen sowie eine Vielzahl privatwirtschaftlicher Akademien Programme zur beruflichen Weiterbildung bspw. für Teilnehmende aus dem Bildungssektor an. Im Gesundheitsbereich sind Weiterbildungsangebote z. T. Voraussetzung für eine Anerkennung als Präventionsmaßnahme nach § 20 SGB V und damit für die Möglichkeit einer anteiligen Kostenabrechnung bei den Krankenkassen. Im Bereich der Prävention durch Sport und körperliche Aktivität kann dies im non-formalen Weiterbildungsbereich über den Erwerb des DOSB-Übungsleiters B Sport in der Prävention erfolgen.

Zertifizierungen (Zertifikate – Abschlüsse) von Weiterbildungsangeboten, die zur Durchführung von Präventionskursen nach § 20 SGB V berechtigen, vergibt die Zentrale Prüfstelle Prävention, eine Gemeinschaftseinrichtung der Krankenkassen. Für die berufliche Weiterbildung von Sportwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler im Bereich der Sporttherapie werden vom Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS) Zertifikate in modularen Stufensystemen (z. B. Ausbildung zum Sport- oder Bewegungstherapeuten) angeboten, die für die ambulante und stationäre medizinische Rehabilitation von der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation zur Abrechnungsfähigkeit anerkannt wird (Mau, Bengel & Pfeifer, 2017). Zusätzlich ermöglichen DVGS-Fortbildungen mit bestimmten thematischen Schwerpunkten den Erwerb von Lizenzen zur Abrechnungsfähigkeit von Dienstleistungen für einzelne Teilgebiete in der Prävention oder Rehabilitation bei Krankenkassen.

Literatur

Braun, S. (2011). Bildungspotenziale der Zivilgesellschaft – gesellschaftspolitische Perspektiven einer bildungsbezogenen Engagementpolitik von Sportverbänden und -vereinen. In M. Krüger & N. Neuber (Hrsg.), Bildung im Sport. Beiträge zu einer zeitgemäßen Bildungsdebatte (S. 105–120). Wiesbaden: Springer VS.

Breuer, C. & Feiler, S. (2019). Sportvereine in Deutschland: Organisationen und Personen. Sportentwicklungsbericht für Deutschland 2017/2018 (Teil 1). Bonn: BiSp.

Mau, W., Bengel, J. & Pfeifer, K. (2017). Rehabilitation in der Aus-, Fort- und Weiterbildung beteiligter Berufsgruppen. Bundesgesundheitsblatt, 60(4), 402–409.

Sygusch, R., Liebl, S. & Töpfer, C. (2012). DOSB. Die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung des Deutschen Olympischen Sportbundes. Einordnung in den Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) (hrsg. v. Deutschen Olympischen Sportbund). Frankfurt a. M.: DOSB.

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