Nachhaltigkeit

Annette Scheunpflug

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-207

Unter N. ist ein Handlungsprinzip zu verstehen, das bei der Nutzung von Ressourcen (d. h. Lebewesen und Ökosysteme) deren Regenerationsfähigkeit bewahrt und auf diese Weise eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung anstrebt. Mit dem Begriff N. wurde ab dem 18. Jh. zunächst das Prinzip der Forstwirtschaft, so zu wirtschaften, dass sich Waldeinschlag und Waldnachwuchs die Waage halten, benannt. Mit wachsendem Bewusstsein hinsichtlich der ökologischen Krise und des Klimawandels, internationaler Gerechtigkeit und der Defizite im Hinblick auf die Umsetzung einer Friedensagenda wurde der Begriff N. auch auf soziale Prozesse übertragen und in räumlich-zeitlicher Perspektive angewandt (Grober, 2010).

Das Konzept der N. beschreibt heute eine Agenda, mit der Nachhaltigkeitsziele im politischen Raum kommuniziert und umgesetzt werden sollen. Besonders bedeutsam wurden in diesem Zusammenhang der sog. Brundtland-Bericht „Our Common Future“ der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UN) im Jahr 1987, in dem das Konzept der N. erstmals im Hinblick auf Umwelt und Entwicklung beschrieben wurde; die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (auch „Erdgipfel“ oder „Rio-Konferenz“ genannt) im Jahr 1992, in welcher sich die Staatengemeinschaft der N. verpflichtete und die Bedeutung von Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) herausgehoben wurde; und die Sustainable Milleniums Goals, die im Jahr 2015 von der Generalversammlung der UN als „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet wurden. Zu den darin beschriebenen 17 Zielen, die bis 2030 erreicht werden sollen, gehören einerseits z. B. die Beseitigung von Armut, die Sicherstellung von ausreichender und besserer Nahrung, der Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung, ein nachhaltiges Wassermanagement und der Klimaschutz, andererseits ist aber auch der Zugang zur BNE für alle gefordert (Umweltbildung).

Mit dem Konzept der N. ist somit auch eine Bildungs- und Forschungsagenda umrissen: Es gibt immer noch zu viele Menschen – national wie international –, die keinen hinreichenden Zugang zu Angeboten von BNE haben. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse dazu, wie N. erreicht werden kann und wie Gelingensbedingungen einer BNE aussehen können, weisen auf weiteren Forschungsbedarf hin. Im Jahr 2001 wurde in Deutschland ein Rat für Nachhaltige Entwicklung von der Bundesregierung eingerichtet, der diese in ihrer Nachhaltigkeitspolitik berät und regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt.

Für die Erwachsenen- und Weiterbildung ergeben sich aus diesem normativen Programm Anforderungen sowohl an die allgemeine Erwachsenenbildung als auch an die berufliche und betriebliche Fort- und Weiterbildung (berufliche Weiterbildung; betriebliche Weiterbildung; Fortbildung). Auf der einen Seite geht es darum, die mit der Verwirklichung von N. verbundenen gesellschaftlichen Prozesse zu verstehen und sich innerhalb von diesen orientieren zu können. Auf der anderen Seite sollen Menschen dazu befähigt werden, nachhaltig zu handeln und zum Ziel der N. beizutragen – sei es in ihrem privaten Konsum und Lebensvollzug oder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit. Dabei stellt besonders die internationale und globale Dimension der N. eine Lernanforderung dar: Ziel ist es, ein Bewusstsein für globale Interdependenzen zu schaffen und in diesem Zusammenhang zu lernen, die Konsequenzen des eigenen Handelns zu bedenken, ohne Paternalismus zu agieren und sensibel mit wirtschaftlichen Differenzen umzugehen (im Überblick: Bourn, 2020).

Für die Praxisentwicklung der BNE im Kontext der allgemeinen Erwachsenenbildung hat das Institut für internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV International) konzeptionelle Arbeit geleistet, indem es sich insb. mit der globalen und der sozialen Dimension von N. auseinandergesetzt und diese Idee in internationalen Bildungspartnerschaften wie auch in Angeboten des globalen Lernens in Deutschland mit zahlreichen Praxisanregungen implementiert hat. In der betrieblichen und beruflichen Fort- und Weiterentwicklung des Konzepts stehen Überlegungen zu berufsbezogenen Kompetenzen für N. im Mittelpunkt (Bourn, 2018).

Literatur

Bourn, D. (2018). Understanding global skills for 21st century professions. London (GB): Palgrave Macmillan.

Bourn, D. (Ed.). (2020). The Bloomsbury handbook of global education and learning. London (GB): Bloomsbury.

Grober, U. (2010). Die Entdeckung der Nachhaltigkeit. Kulturgeschichte eines Begriffs. München: Kunstmann.

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