Katholische Erwachsenenbildung

Elisabeth Vanderheiden

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-158

Die k. E. umfasst die Erwachsenen- und Weiterbildung in katholischer Trägerschaft mit öffentlicher Verantwortung und ist Bestandteil der „vierten Säule“ (quartärer Sektor) des Bildungswesens in Deutschland. Wichtigste Träger der k. E. sind (Erz-)Bistümer mit ihren diözesanen, regionalen und gemeindlichen Bildungswerken, Landesarbeitsgemeinschaften und Verbänden sowie Institutionen (z. B. katholische Akademien, Familienbildungsstätten). Sie sind in dem 1957 gegründeten Zusammenschluss katholischer Träger der Erwachsenenbildung, der Katholischen Erwachsenenbildung Deutschland – Bundesarbeitsgemeinschaft e. V. (KEB Deutschland), organisiert, dem im Jahr 2020 58 Mitglieder und rund 565 Einrichtungen angehörten. Gemessen am Angebots- und Teilnehmervolumen ist die KEB die zweitgrößte Anbieterin allgemeiner Erwachsenenbildung in Deutschland.

K. E. basiert auf dem Verständnis von Weiterbildung als menschliches Grundrecht. Ihr Ziel ist eine „ganzheitliche, wertorientierte und integrierte Bildung, die Menschen im persönlichen, beruflichen, gesellschaftlichen und politischen Leben zu einem selbstständigen Urteil und eigenverantwortlichem Handeln befähigt“ (KEB Deutschland).

Die k. E. wird verstanden als bedeutsamer Teil des Dienstes der Kirche für Kultur und Gesellschaft, als kulturelle Diakonie, als Manifestation kirchlicher Grundvollzüge (Die deutschen Bischöfe, 2014; Ziegler & Bergold, 2012) und als Instrument christlichen Handelns in der Welt (Ziegler & Bergold, 2012). Sie gründet auf einem transformativen Bildungsverständnis (transformative Erwachsenenbildung), nach welchem die Identitätsentwicklung (Identität) der Menschen durch Selbstreflexion und Selbstbestimmung gefördert werden soll und zugleich die Bedeutung der Persönlichkeitsbildung in Solidarität, Sozial- und Welt-Bezogenheit betont wird. Insofern leistet die k. E. eine offene, wertorientierte und optionengeleitete Bildungsarbeit, die die Menschen zum kritischen Diskurs anregt und bei der eigenen Standortbestimmung unterstützt. Hierzu bekräftigt sie reflektierte Entscheidungen und die Entwicklung von Handlungsoptionen angesichts eines kulturellen Pluralismus. Durch das Angebot von Qualifizierungen, Fortbildungen und Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt sie Kenntnisse und Kompetenzen, die Menschen benötigen, um ihr Leben und ihre Beziehungen zu anderen gestalten sowie Verantwortung in Gesellschaft und Kirche übernehmen zu können. Darüber hinaus unterstützt sie Menschen bei der kritischen Reflexion und der Verortung des Erlernten in den jeweiligen biografischen und soziokulturellen Kontexten. Somit kann k. E. gleichermaßen als transformativer Orientierungs- und Sinnfindungsprozess (ebd.) und als Ermöglichung der Realisierung von Lebens- und Weltgestaltungsprozessen vor dem Hintergrund des christlichen Welt- und Menschenbilds verstanden werden. Dabei folgt sie der Intention der „Kultivierung von Grundhaltungen“ (Heinz, 2011, S. 498), die eine moralische Mindestqualität für eine freiheitliche Gesellschaft sichern hilft.

Nicht nur das Engagement für eine Bildung vulnerabler gesellschaftlicher Gruppen und das Eintreten für Bildungsgerechtigkeit auch im Hinblick auf Erwachsene in allen Lebensphasen zählen zu den Anliegen der katholischen E. (KEB Deutschland). Angesichts der zunehmenden Individualisierung und Diversität von Lebensentwürfen gewinnen – neben den klassischen Weiterbildungsansätzen (z. B. Kursform, Unterrichtsformat) – vielmehr auch aufsuchende und sozialräumlich orientierte (Sozialraumorientierung) sowie ergänzende beratende Ansätze (Beratung im Kontext lebenslangen Lernens) an Bedeutung, z. B. Lerncafés. In der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit (Alphabetisierung – Grundbildung) zeichnet sich die k. E. durch einen Empowerment- und ressourcenorientierten Ansatz aus (Wintzen et al., 2021).

Inhaltlich werden seit den 1990er Jahren Angebote der Familienbildung, der Berufsbildung und der nachhaltigkeitsorientierten Bildung (Nachhaltigkeit) sowie der Professionalisierung immer mehr um digitale (digitales Lernen), inklusive (Inklusion – Diversität), politische (politische Bildung), interkulturelle (interkulturelle Erwachsenenbildung), interreligiöse (konfessionelle Erwachsenenbildung) und ökumenische Angebote und Projekte ergänzt. Die weitreichenden Umstrukturierungs- und Veränderungsprozesse in den Diözesen führen zudem zu Neuausrichtungen der katholischen E. Diese weisen über traditionelle Pfarreistrukturen und Kirchorte mit ihren ehrenamtlichen Mitarbeitenden (Ehrenamt) hinaus und initiieren neue Kooperationen und Verortungen.

Literatur

Die deutschen Bischöfe – Kommission für Wissenschaft und Kultur. (2014). Katholische Erwachsenenbildung in Deutschland. Grundauftrag, Situation, Perspektiven (Arbeitspapier Nr. 40, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz). Bonn: VDD.

Heinz, H.-J. (2011). Kirchliche Erwachsenenbildung. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (5. Aufl., S. 491–506). Wiesbaden: Springer VS.

Wintzen, K., Grosse, K., Höckbert, L. & Vanderheiden, E. (2021). Auf dem Wortweg. Poesiepädagogische Ansätze für die Alphabetisierung und Grundbildung. Mainz: KEB RLP.

Ziegler, H. & Bergold, R. (Hrsg.) (2012). Neue Vermessungen. Katholische Erwachsenenbildung heute im Spannungsfeld von Kirche und Gesellschaft. Dillingen/Saar: Krüger.

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