Bildungsberichterstattung

Sarah Widany

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-036

Die B. beinhaltet die regelmäßige und systematische datengestützte Beobachtung des Bildungssystems (Weiterbildungssystem), um bildungspolitisches Handeln zu unterstützen. In den 1970er und 1980er Jahren bezog sich diese Beobachtung v. a. auf Ressourcen wie Personal und Finanzmittel, die für das Bildungssystem aufgewendet werden (Input). Mitte der 2000er Jahre vollzog sich in der deutschen Bildungspolitik durch das schlechte Abschneiden in den international vergleichenden Leistungsstudien wie dem Programme for the International Assessment of Students Competencies (PISA) ein Paradigmenwechsel, in dessen Folge die Leistungsfähigkeit (Output) des Bildungssystems stärker fokussiert wurde. Diese „empirische Wende“ der Bildungspolitik geht auch auf den Einfluss inter- und supranationaler Organisationen wie der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) und der Europäischen Kommission (EU-Kommission) zurück, die im internationalen Vergleich von Lernaktivitäten sowie Qualifikations- und Kompetenzniveaus in der Bevölkerung die Möglichkeit sehen, Stärken und Schwächen nationaler Bildungssysteme zu identifizieren und daraus Handlungsmöglichkeiten abzuleiten.

In der 2006 von der Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossenen Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring (Monitoring) ist die gemeinsame B. von Bund und Ländern –
neben der Teilnahme an internationalen Schulleistungsstudien, Qualitätssicherung und Bildungsstandards – ein zentrales Instrument. Umgesetzt wird die B. u. a. in Form des Nationalen Bildungsberichts (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020), der seit 2006 in zweijährigen Abständen veröffentlicht wird. Entsprechend der Leitidee von Bildung im Lebenslauf (lifelong learning) wird Weiterbildung als ein Bildungsbereich berücksichtigt. Die berichteten Daten sind konzeptuell eingebettet in ein Indikatorenmodell. Zugrunde liegen ein in der internationalen Praxis der B. gebräuchliches Kontext-Input-Prozess-Wirkungs-Schema sowie inhaltliche Überlegungen, die den Zieldimensionen von Bildung, von Besonderheiten des deutschen Bildungssystems sowie von übergreifenden gesellschaftlichen Trends Rechnung tragen. An diesem theoretischen Rahmen orientiert sich die Auswahl und Systematik geeigneter Kennzahlen (Maaz & Kühne, 2018). Die Verfügbarkeit von Daten und entsprechende Forschungsinfrastrukturen, die eine kontinuierliche Beobachtung ermöglichen, ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine umfassende B.

Neben dem Nationalen Bildungsbericht gibt es eine Vielzahl von weiteren Produkten der B., in denen der Weiterbildungsbereich aufgegriffen wird. Der Datenreport des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) bezieht sich – wie der Nationale Bildungsbericht – auf mehrere Datenquellen, fokussiert jedoch ausschließlich die berufliche Weiterbildung. Vergleiche können – wie bei dem Indikatorenbericht „Education at a ­Glance“ (OECD, 2019) – auf der Ebene von Nationalstaaten erfolgen oder – wie im „Deutschen Weiterbildungsatlas“ (Martin et al., 2015) – tief regionalisiert angelegt sein. Berichte auf Bundeslandebene beziehen sich i. d. R. auf die nach den Weiterbildungsgesetzen der Länder geförderten Angebote (z. B. Kleemann-Göhring, 2019). Kommunale Bildungsberichte wiederum konzentrieren sich auf das Bildungssystem einzelner Kreise. Neben Berichten, die auf eine kontinuierliche und umfassende Beobachtung und entsprechende Zeitreihen setzen, gibt es weitere Berichte, die thematische Bereiche fokussieren und punktuell erscheinen. Oftmals gibt es zu den unter Forschungsinfrastrukturen aufgeführten Erhebungen Berichte zu den Ergebnissen, z. B. zum Adult Education Survey (AES) oder zur Volkshochschul-Statistik.

Die Weiterentwicklung der B. wurde bisher v. a. mit Blick auf die dahinterliegenden Indikatorenmodelle und Datengewinnungsstrategien verfolgt. Anwendungsbezogene Forschung zu Informationsbedarfen der Adressatinnen und Adressaten sowie zu Aspekten, die sich auf die erfolgreiche Nutzung der B. in bildungspolitischen Handlungsfeldern beziehen, könnte weitere Impulse bieten, die B. als Steuerungsinstrument zu verbessern.

Impulse für die quantitative Weiterbildungsforschung ergeben sich durch die Nachnutzung der Monitoringdaten, die über Forschungsinfrastrukturen zur öffentlichen und wissenschaftlichen Nutzung zur Verfügung stehen und je nach Datengrundlage international vergleichende Trend- oder Panelanalysen von bevölkerungsrepräsentativen Stichproben ermöglichen (international vergleichende Erwachsenenbildungsforschung).

Literatur

Autorengruppe Bildungsberichterstattung. (2020). Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Bielefeld: wbv Publikation.

Kleemann-Göhring, M. (2019). Datenreport Weiterbildung NRW. Berichtsjahr 2018. Soest: Supportstelle Weiterbildung/QUALiS NRW.

Maaz, K. & Kühne, S. (2018). Indikatorengestützte Bildungsberichterstattung. In R. Tippelt & B. Schmidt-Hertha (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung (Reihe Springer Reference Sozialwissenschaften, 4., überarb. u. akt. Aufl., S. 375–396). Wiesbaden: Springer VS.

Martin, A., Schömann, K., Schrader, J. & Kuper, H. (Hrsg.). (2015). Deutscher Weiterbildungsatlas (Reihe Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung, Bd. 29). Bielefeld: wbv Publikation.

Organisation for Economic Cooperation and Development. (2019). Education at a Glance 2019. Paris (FR): OECD.

Bildungsbedarfsanalyse – Bildungsbedarfserschließung
Bildungsforschung