Elke Gruber
DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-003
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter A. das Anerkennen, Beglaubigen und Bestätigen von Dokumenten bzw. die Bevollmächtigung von Personen zur Ausübung einer bestimmten Funktion (z. B. im diplomatischen Dienst) verstanden. Im Bildungsbereich stand der Begriff A. lange Zeit für die formale Anerkennung und Anrechnung von – zumeist ausländischen – Bildungsabschlüssen. Durch die Biografisierung (→ Biografie) von Lernprozessen im Kontext des lebenslangen Lernens (→ lifelong learning) gewinnen aktuell auch non-formale und informell erworbene Kompetenzen an Bedeutung für Anerkennungsprozesse. Im Fokus stehen nun – neben der Anerkennung formaler Abschlüsse – verstärkt die Validierung non-formaler und informeller Lernleistungen (→ formale – non-formale – informelle Bildung). Dieser Entwicklung trägt der Europäische Rat im Jahr 2012 Rechnung und erlässt eine Empfehlung zur Validierung nicht-formalen und informellen Lernens (2012/C 398/01).
Die → Anerkennung und Validierung von Leistungen erfordern einen formalisierten Prozess, der die jeweils geltenden Anforderungen an deren Konformität überprüft; dieser Prozess wird als A. bezeichnet. Die Prüfung wird durch eine sog. Akkreditierungsstelle vorgenommen, die als transparentes und unparteiliches Organ die Konformität des Prozesses, des Produkts oder des Ergebnisses im Sinne einer öffentlichen Würdigung feststellt. Im Weiterbildungsbereich kann eine A. in Bezug auf die Lernleistungen von Personen, aber auch auf die dargebotenen Leistungen von Einrichtungen und im Rahmen von → Programmen erfolgen. In den letzten Jahren wurden viele unterschiedliche Akkreditierungssysteme entwickelt, die auf beiden Ebenen und in vielen Bereichen des lebenslangen Lernens eingesetzt werden. Prinzipiell handelt es sich bei Akkreditierungssystemen um mehrstufige Verfahren, die einen geregelten Ablauf aufweisen, verschiedene Beteiligte einbeziehen und mit unterschiedlichen Methoden arbeiten. Die verwendeten Instrumente sollen flexibel, einfach und doch präzise sein, sodass sie in wechselnden Situationen und bei wechselnden Fällen einsetzbar sind. Kriterien der → Qualität und Verlässlichkeit bzw. Güte bilden das Fundament des gesamten Akkreditierungsprozesses, der oft verschiedene Beratungsschleifen sowie eine unabhängige Begutachtung über den gesamten Prozessverlauf einschließt.
Eine zentrale Funktion übernimmt eine Akkreditierungsstelle, die die Konformitätsbewertung vornimmt und diese auch attestiert. Die Grundstruktur von Akkreditierungssystemen gliedert sich allgemein in drei Phasen: Erfassen, Bewerten, Validieren bzw. Akkreditieren. Bezogen auf die Anerkennung von Lernleistungen einer Person heißt das: In einem ersten Schritt müssen die bereits vorhandenen Lernleistungen bewusst gemacht und in einem zweiten Schritt erfasst, eingeordnet und dokumentiert werden (→ Kompetenzerfassung; → Kompetenzmessung). Diese Teilprozesse dienen der Erfassung der vorhandenen Ressourcen und kann über Portfolios, Lerntagebücher, Assessments, Curricula u. a. erfolgen. Im Rahmen der Bewertung werden in einem nächsten Schritt die vorhandenen Lernleistungen mit den Anforderungen des jeweiligen Validierungsstandards abgeglichen. Diese Bewertung kann sich mittels verschiedener Evaluationsinstrumente (→ Evaluation) intern (z. B. durch die Akkreditierungsstelle), aber auch extern (z. B. durch Evaluatorinnen und Evaluatoren) vollziehen und führt zur Bilanzierung der vorhandenen Kompetenzen (→ Kompetenzbilanzierung). Der letzte Schritt des Validierens bzw. Akkreditierens dient der Anerkennung, Beglaubigung und Bestätigung der Kompetenzen und kann über verschiedene formale Dokumente wie Zeugnisse, Abschlüsse und Ausweise erfolgen. Üblicherweise wird dieser Vorgang von offiziellen Stellen vorgenommen und als „Zertifizierung“ bezeichnet (→ Zertifikate – Abschlüsse). Der Abschluss dieses Teilprozesses kann jedoch auch weniger formal erfolgen, bspw. als Portfolio, Bestätigung oder Nachweis.
Im Kern fokussieren alle Akkreditierungsverfahren, die auf die Anerkennung persönlicher Lernleistungen abzielen, auf die Erfassung und Validierung von → Kompetenzen. „Kompetenz“ wird in diesem Zusammenhang als ein moderner Schlüsselbegriff und zentrales Ziel von Bildungsprozessen gesehen. Bei aller Unterschiedlichkeit der Definitionen geht es bei „Kompetenz“ immer um eine dynamische Fähigkeit zur Bewältigung komplexer Anforderungen in spezifischen Situationen. Selbstständiges und v. a. antizipatives Handeln in bisher unbekannten Situationen nehmen dabei eine bedeutende Rolle ein. Auch „Outcome“ ist in diesem Zusammenhang ein weiterer wichtiger Begriff. Damit sind – kurz gesagt – die Lernergebnisse gemeint, also das, was → Lernende nach dem Abschluss eines Lernprozesses wissen, verstehen oder tun können.
Literatur
Gruber, E. (2018). Kompetenzanerkennung und -zertifizierung für in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung Tätige. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (Reihe Springer Reference Sozialwissenschaften, 6., überarb. u. akt. Aufl., Bd. 2, S. 1089–1108). Wiesbaden: Springer VS.
Schläfli, A. (1998). Akkreditierung von Kompetenzen. Internationale Vergleichbarkeit möglich? Bonn: DIE.
The European Centre for the Development of Vocational Training (Cedefop). (2011). Glossary. Quality in education and training. Luxembourg (LU): Publications Office of the EU.