Wissenschaftliche Weiterbildung

Matthias Rohs

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-299

Die w. W. ist ein Teilbereich der Weiterbildung an Hochschulen. Unter sie werden (häufig kostenpflichtige) Studienangebote von Hochschulen gefasst, die sich an Zielgruppen mit einem ersten berufsbefähigenden Abschluss richten, wobei ein Hochschulabschluss nicht zwingend erforderlich ist. Die Weiterbildungsangebote sind fachlich auf wissenschaftlichem Niveau, werden in Verantwortung der Hochschulen von Hochschullehrenden durchgeführt und führen zu einem akademischen Abschluss. Das Angebotsportfolio (Angebot) richtet sich primär an Bedarf und Nachfrage der Zielgruppen aus (Zielgruppenorientierung). Daher sind die Weiterbildungsangebote i. d. R. so gestaltet, dass sie auch berufsbegleitend studiert werden können, z. B. als Fernstudium.

Neben dem Begriff w. W. existieren eine Reihe weiterer Bezeichnungen, die einzelne Charakteristika betonen oder historisch gewachsen sind, z. B. „akademische Weiterbildung“, „Hochschulweiterbildung“, „universitäre Weiterbildung“ oder „postgraduale Weiterbildung“. Teilweise werden die Begriffe auch synonym verwendet.

Einrichtungen der wissenschaftlichen W. an den Hochschulen sind sehr heterogen organisiert – von zentralen bis zu dezentralen Einheiten bzw. von einer verwaltungsnahen bis hin zu einer eher wissenschaftsorientierten Organisation (Dollhausen & Lattke, 2020).

Kennzeichnend für die w. W. ist eine Hybridposition zwischen Hochschul- und Erwachsenenbildung, welche sie zum einen an die Qualitätsstandards (Qualität) des Hochschul- und Wissenschaftssystems und zum anderen an die Marktlogik des Weiterbildungsbereichs bindet (Wolter, 2005). Die w. W. ist damit in verschiedene Systemlogiken eingebunden, was zu unterschiedlichen Auslegungen ihrer Rollen und Ziele führt. Dabei lässt sich u. a. unterscheiden zwischen wissenschaftlicher W. als:

  1. öffentliche Wissenschaft, die Methoden und Ergebnisse der Wissenschaft einem breit(er)en Publikum zugänglich macht und so zur Inklusion traditionell unterrepräsentierter Gruppen beiträgt;
  2. Treiber für den Umbau von Hochschulen als Institutionen lebenslangen Lernens (life­long learning), die zu mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem beitragen;
  3. Geschäftsfeld der Hochschulen für berufsbegleitende und kostenpflichtige Weiterbildung (Dollhausen & Lattke, 2020; Seitter, 2017).

Geschichtlich ist die w. W. auf die Universitätsausdehnungsbewegung beginnend am Ende des 19. Jh. zurückzuführen. Durch „volkstümliche“ oder „extramurale“ Vorträge sollte Wissenschaft einer breiten Bevölkerung zugänglich gemacht werden (Popularisierung). Erst mit der Bildungsreform der 1970er Jahre erfuhr die w. W. eine stärkere Aufmerksamkeit. So wurde sie 1976 in das Hochschulrahmengesetz (HRG) und folgend auch in die Hochschulgesetzgebung der Bundesländer aufgenommen. Mit der Novellierung des HRG im Jahr 1998 wurde sie dann als eine Kernaufgabe der Hochschulen festgeschrieben.

Vor dem Hintergrund der Tertiarisierung der Gesellschaft und der Programmatik des Lebenslangen Lernens ist die w. W. in den letzten Jahren in den Fokus der Bildungspolitik (Weiterbildungspolitik) gerückt. Die steigende Bedeutung von wissenschaftlicher W. wird durch zahlreiche Positionspapiere u. a. vom Wissenschaftsrat und von der Hochschulrektorenkonferenz sowie durch Stellungnahmen der Arbeitgeberverbände deutlich, die die Notwendigkeit ihrer Förderung betonen. Mit der Unterstützung staatlicher Forschungs- und Entwicklungsprogramme wurde darüber hinaus die strukturelle Verankerung der wissenschaftlichen W. an Hochschulen gefördert, wodurch sich dort zunehmend ein Berufsfeld entwickelt. Der damit wachsende Bedarf einer wissenschaftlichen Fundierung der Tätigkeit in der wissenschaftlichen W. schlägt sich in der allmählichen Etablierung eines einschlägigen Forschungsbereichs nieder (Jütte & Rohs, 2020). Jedoch ist der Anteil der wissenschaftlichen W. am gesamtem Weiterbildungsaufkommen noch sehr gering und eine breite Durchsetzung an Hochschulen noch in der Entstehung.

Literatur

Dollhausen, K. & Lattke, S. (2020). Organisation und Organisationsformen wissenschaftlicher Weiterbildung. In W. Jütte & M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung (S. 99–121). Wiesbaden: Springer VS.

Jütte, W. & Rohs, M. (Hrsg.). (2020). Handbuch Wissenschaftliche Weiterbildung. Wiesbaden: Springer VS.

Seitter, W. (2017). Wissenschaftliche Weiterbildung. Multiple Verständnisse – hybride Positionierung. Hessische Blätter für Volksbildung, 2(67), 144–151.

Wolter, A. (2005). Profilbildung und universitäre Weiterbildung. In W. Jütte & K. Weber (Hrsg.), Kontexte wissenschaftlicher Weiterbildung. Entstehung und Dynamik von Weiterbildung im universitären Raum (S. 93–111). Münster: Waxmann.

Wissenschaftliche Politikberatung
Wissensmanagement