Sprachenzertifikate

Sibylle Plassmann

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-258

S. weisen Kompetenzen in einer Zweit- oder Fremdsprache auf Grundlage einer standardisierten Messung aus. Da sie als Sprachnachweis v. a. gegenüber Arbeitgebern, Hochschulen und Behörden häufig in reglementierten Kontexten eingesetzt werden, müssen S. hohe Anforderungen an ihre Validität (Gültigkeit) und Reliabilität (Zuverlässigkeit) erfüllen. Standardisierte S. beziehen sich auf ein externes Referenzsystem, i. d. R. auf den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER), und sind demgemäß unabhängig vom Lernkontext. S. können v. a. im Rahmen der Erwachsenen- und Weiterbildung erworben werden.

Qualitätsgesicherte Sprachprüfungen wurden in Deutschland erstmals Ende der 1960er Jahre in den Volkshochschulen (vhs) angeboten. Ziel war es, Teilnehmenden aus Sprach­kursen einen international anerkannten Nachweis (Zertifikate – Abschlüsse) über ihre Sprachkompetenzen auszustellen und so (berufliche) Mobilität zu fördern. Mit den vhs-Zertifikaten reagierte man auf die europäische Tendenz zur Demokratisierung des Sprachenlernens und gestaltete sie zugleich mit. Sprachkurse mit Zertifikat wandten sich nun – in Abgrenzung zur akademischen Tradition – an weite Bevölkerungsgruppen und honorierten auch Anfängerkenntnisse.

Wichtigstes Element bis heute ist die Handlungsorientierung (handlungsorientierte Didaktik). In modernen Sprachprüfungen werden Grammatik und Lexik nicht als Wissen abgefragt; vielmehr wird die Fähigkeit zum angemessenen sprachlichen Handeln geprüft. Dieser kommunikative Ansatz bereitet Lernende auf Sprachverwendungssituationen außerhalb des Kursraums vor und hilft dabei, ein reines Lernen für den Test zu vermeiden.

Die Anerkennung und Validierung von Sprachenzertifikaten sind wesentliche Voraussetzungen für deren Einsatz. Für Sprachtestanbieter ist die Vollmitgliedschaft in ihrem Fachverband, der Association of Language Testers in Europe (ALTE), der wichtigste Qualitätsnachweis (Qualität). Die ALTE unterhält ein umfassendes System der Auditierung und stellt damit sicher, dass ihre Mitglieder valide Sprachprüfungen nach internationalen Standards anbieten. Im deutschsprachigen Raum gibt es fünf ALTE-Mitglieder:

  1. die telc gGmbH, Anbieter der Europäischen Sprachenzertifikate, als Tochter des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV),
  2. das Goethe-Institut e. V. als weltweit tätiges Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland,
  3. das TestDaF-Institut e. V. als Einrichtung der Gesellschaft für Akademische Studienvorbereitung und Testentwicklung (g. a. s. t.) e. V. und An-Institut der FernUniversität in Hagen sowie der Ruhr-Universität Bochum,
  4. den Verein Österreichisches Sprachdiplom Deutsch (ÖSD) als Prüfungssystem für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache mit plurizentristischer Ausrichtung und
  5. die AFU Privates Bildungsinstitut GmbH, ein Mitglied des European Consortium for the Certificate of Attainment in Modern Languages (ECL).

S. dieser Anbieter werden weltweit angeboten und sind international anerkannt. In den Prüfungen werden verschiedene Schwerpunkte innerhalb der durch den GER definierten Lebensbereiche (privat, öffentlich, beruflich, Bildung) gesetzt, unterschiedliche Kompetenzprofile abgebildet und diverse Testformate verwendet. Gemeinsam ist ihnen der starke Bezug zum GER und dessen Kompetenzbeschreibungen. Die bereits im GER von 2001 etablierten Anforderungskategorien für das Ausüben von kommunikativen Aktivitäten – Rezeption (Hören, Lesen), Produktion (Sprechen, Schreiben) und Interaktion (Gesprächsführung, Korrespondenz) – wurden im Begleitband zum GER 2021 u. a. um die Kompetenz der Mediation (Erklären, Vermitteln, Anleiten) ergänzt. Den Nachweis über die valide Ermittlung des zertifizierten GER-Niveaus erbringen alle Qualitätsanbieter durch die vom Europarat erarbeiteten Methoden zur Standardisierung anhand von Deskriptoren und Referenzbeispielen.

Valide S. nach klaren Qualitätsstandards werden im Zuge der weltweiten Mobilität immer stärker nachgefragt, da sie Voraussetzung für Visa sowie Studien- oder Arbeits­erlaubnisse sind. Nach erfolgter Migration markieren sie Schritte der gesellschaftlichen und beruflichen Integration in die Aufnahmegesellschaft; sie ermöglichen dauerhaften Aufenthalt und Staatsbürgerschaft. In Deutschland wird Deutsch als Zweitsprache in Integrations- und Berufssprachkursen unterrichtet, die mit verbindlich vorgeschriebenen Prüfungsformaten abschließen. Für die Berufsanerkennung werden zudem die Kompetenzen in der entsprechenden Fachsprache (Sprache – Fachsprache) geprüft. Da es in diesen Kontexten um den Nachweis eines Lernerfolgs gegenüber Dritten geht, sind die Anforderungen an Transparenz und Objektivität sehr hoch.

Literatur

Association of Language Testers in Europe. (2020). ALTE principles of good practice 2020. Cambridge (GB): ALTE.

The European Language Certificates. (Hrsg.). (2012). Handbuch zur Entwicklung und Durchführung von Sprachtests. Zur Verwendung mit dem GER (erstellt v. ALTE i. A. des Europarats/Abteilung für Sprachenpolitik). Frankfurt a. M.: telc.

Council of Europe. (2009). Relating language examinations to the Common European Framework of Reference for Languages: learning, teaching, assessment (CEFR). A manual. Strasbourg (FR): CoE.

Sprache – Fachsprache
Staatliche Weiterbildungsförderung