Programme

Sigrid Nolda

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-233

P. im Bildungsbereich sind mehr oder weniger umfangreiche Schriftdokumente (die Spannbreite reicht von buchähnlichen Broschüren bis zu Flyern), die durch Veranstaltungsankündigungen primär Auskunft über das jeweils geplante Angebot eines Bildungsanbieters und die Modalitäten einer Teilnahme geben. Zu den angebotenen Vorträgen, Kursen, Workshops u. ä. können diese neben Veranstaltungstiteln, Zeit-, Orts- und Kostenangaben ausführliche Beschreibungen von Inhalten und Themen, Lehr-Lern-Materialien, Methoden, Lehr-Lern-Zielen (darunter auch Abschlüssen) sowie Angaben zu den Lehrenden und Adressatenbestimmungen enthalten.

Eine immer größere Rolle spielen Varianten, die ausschließlich oder parallel zu den Printmedien digital verfügbar sind. Für die Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten bilden P. von Einrichtungen mit den Ankündigungen der geplanten Veranstaltungen als Leistungsversprechen eine wichtige Quelle der Information und der Entscheidungshilfe. P. sind nach wie vor das wichtigste Werbe- und Informationsmittel, das neue Teilnehmende gewinnen und den Bildungsanbieter repräsentieren soll (Marketing). Regionale oder thematische Datenbanken erleichtern das Auffinden passender Angebote, machen aber die veranstaltenden Anbieter weniger sichtbar.

P. stellen für öffentlich verantwortete Bildungsanbieter eine wichtige Planungs- und Realisierungsaufgabe dar, die zudem zur Legitimierung gegenüber Geldgebern und politisch Verantwortlichen eingesetzt werden kann. Um P. zu erstellen, bedarf es in diesem Bereich einer Balancierung zwischen dem festgestellten und vermuteten Bedarf (Bildungsbedarfsanalyse – Bildungsbedarfserschließung), dem Bildungsanspruch der Institution und den personellen, räumlichen und finanziellen Ressourcen einer Einrichtung (Programmplanung). P. fungieren somit auch als Tätigkeitsnachweise, die unter verschiedenen Aspekten bewertet werden können (z. B. Breite und/oder Tiefe von P., Zielgruppen, Kooperationen, Kontinuität vs. Innovation).

Die Beziehung zwischen der Programmatik und dem Programm eines Bildungsanbieters ist komplex. Programmatische Aussagen, die meist auch in P. enthalten sind (z. B. als Leitlinien oder Motti), sind notwendig vage und oszillieren zwischen emphatischer Selbstbeschreibung, der Inanspruchnahme (bildungs-)politischer, gesellschaftlicher oder zielgruppenbezogener Normen sowie der Berufung auf aktuelle Probleme und daraus abgeleiteter Aufgaben. Die noch wenig erforschte Umsetzung der P. in Bildungsangebote, d. h. die Entscheidung für bestimmte Themen, die Ansprache bestimmter Adressatengruppen oder auch die Gestaltung der Gebühren bzw. Preise, umfasst interne Planungsprozesse, Abstimmungen mit externen Auftraggebern und Lehrkräften und nicht zuletzt die Berücksichtigung erkennbarer Interessen der Adressatinnen und Adressaten (Zielgruppenorientierung). Im Extremfall bleibt die Programmatik eine Behauptung ohne erkennbaren Einfluss auf das tatsächliche Bildungsangebot. I. d. R. sind Angleichungen an Ressourcen und Interessen zu beobachten, die weder als Defizite der Programmatik noch als solche der Planung beurteilt werden müssen.

Neben dem unmittelbaren Nutzen für Adressatinnen und Adressaten und der Bedeutung als Marketing-Instrument geben P., auch wenn ihnen lediglich das geplante, nicht das tatsächlich durchgeführte Angebot zu entnehmen ist, Aufschlüsse über Entwicklungen und können als Analysegegenstand verwendet werden (Programmforschung). Dabei steht meist das Interesse am Status quo und an den damit gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten im Vordergrund. Historisch Interessierten bieten spezielle Programm-, Einrichtungs- oder Regional-Archive die Möglichkeit, anhand von Texten und Bildern in Programmen Kontinuitäten, Diskontinuitäten und Wiederaufnahmen der verschiedenen Aspekte des Angebots von bestimmten Weiterbildungsanbietern und/oder Themen innerhalb eines definierter Zeit- und Ortsrahmens zu verfolgen.

Während die P. der öffentlich verantworteten Erwachsenen- und Weiterbildung gut zugänglich sind, ist die Beschaffung von Programmen anderer Bildungsanbieter, v. a. auch der betrieblichen Weiterbildung oft schwierig. Hinzu kommt, dass die Entwicklung im betrieblichen Bereich weg von festen Programmen und hin zu einem auf kurzfristige Bedarfe abzielenden Angebot geht. Auch die steigende Zahl von kleineren, lokal agierenden Bildungseinrichtungen sowie die Tendenz, Bildungsveranstaltungen für Erwachsene in Organisationen anzubieten, die Bildung nicht als Hauptzweck, sondern zusätzlich und okkasionell betreiben, erschwert die Informationssuche.

Literatur

Pätzold, H., Felden, H. von & Schmidt-Lauff, S. (Hrsg.). (2014). Programme, Themen und Inhalte in der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 19.–21. September 2013 an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Baltmannsweiler: Schneider.

Sava, S. (2012). Needs analysis and programme planning in adult education (Series Study Guides in Adult Education). Opladen: Barbara Budrich.

Schneider, D. (2019). Rekrutierungserfahrungen und -strategien von KursleiterInnen und TrainerInnen. Über den Zugang in und die Zusammenarbeit mit Bildungsorganisationen (Reihe Sozialwissenschaften heute, Bd. 4). ­Biele­feld: wbv Publikation.

Professionalität
Programmforschung