Methoden

Rolf Arnold & Christiane Stroh

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-198

M. stellen in der Erwachsenenbildung neben Inhalten, Lehr-Lern-Zielen bzw. Lernergebnissen, (digitalen) Medien, Zielgruppe und Rahmenbedingungen eine der didaktischen Dimensionen (Didaktik – Methodik) dar, die es bei der Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen sinnvoll aufeinander abzustimmen gilt. Abzugrenzen sind sie von den Sozialformen, wie Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit und Arbeit im Plenum.

Der Begriff M. stammt von dem spätlateinischen Begriff methodus (griechisch méthodos) ab und bezeichnet den „Weg zu etwas hin“. Bis heute wird der Begriff in der Erwachsenenbildung deshalb immer noch bevorzugt zur Beschreibung des „Wie“ der Lernprozessgestaltung verwendet. In der Tendenz wird dabei die Methodenfrage der Inhaltsfrage nachgeordnet. M. treten so als „Wege zum Inhalt“ in den Blick und weniger als Möglichkeiten, Aktivitäts-, Erfahrungs- und Kooperationsgelegenheiten zu schaffen, denen auch eine weitgehend eigenständige Relevanz im Lernprozess zukommt. Die Unterordnung der Methodenfrage unter das „Primat der Didaktik“ (gemeint: der Inhaltsauswahl und -bearbeitung) folgt immer noch weitgehend unbewusst den Festlegungen der bildungstheoretischen Didaktik, welche seit den späten 1950er Jahren die allgemeine Bildungsdebatte auf das „Was“ begrenzte und die didaktisch-curriculare Debatte (Curriculum) auf die Fragen der inhaltlichen Beschreibung dessen, was in Lernprozessen „behandelt“ werden soll, eingrenzte.

Diese Sichtweise war auch in der Erwachsenen- und Weiterbildung bis in die 1980er und 1990er Jahre hinein vorherrschend. Kursleitende standen als Wissensvermittelnde im Mittelpunkt des Lehr-Lern-Geschehens. Es war ihre Aufgabe, die Aneignung der Thematiken auch methodisch zu arrangieren. Die zum Einsatz gelangenden M. waren deshalb in den meisten Fällen Lehrmethoden. Den Lernenden kam die Aufgabe zu, die vorstrukturierten Lerninhalte nachzuvollziehen und mithilfe von vorgegebenen Aufgaben anzuwenden und einzuüben. Diese klare Unterscheidung zwischen Lehren und Lernen und den damit verbundenen Zuständigkeiten ist mittlerweile in vielen Bereichen stark ins Wanken geraten – ein Trend, der sich u. a. als Ausdruck der sich wandelnden Lebens-, Arbeits- und Lernbedingungen in der sog. VUCA-Welt verstehen lässt. Dieses Akronym verweist auf die zentralen Charakteristika heutiger Gesellschaften, nämlich Unbeständigkeit (Volatility), Ungewissheit (Uncertainty), Komplexität (Com­plex­ity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity). Auch der Erwerb und der Umgang mit Kompetenzen sind von den hier angesprochenen Veränderungen grundlegend beeinflusst. So erweisen sich sowohl das Wissen als auch die Kompetenzanforderungen in vielen Bereichen als unbeständig; zukünftiger Wissens- und Kompetenzbedarf sind ungewiss, ihre Prognose unsicher und der Zusammenhang zwischen Wissen und Kompetenz oft unbelegt.

Nach und nach setzte sich die Überzeugung durch, dass ausschließliche Wissensvermittlung zu kurz greift und die bildungstheoretische Didaktik sich mehr und mehr als unzeitgemäß bzw. unzureichend erweist. In den Vordergrund rückte deshalb in den letzten 15 Jahren das Konzept einer methodenorientierten Erwachsenenbildung, der es nicht in erster Linie um die Aktualisierung von Wissensständen ging, sondern auch um die Erweiterung des Selbstwirksamkeitserlebens der Lernenden. Die M. des Lernens wurden dabei als Erfahrungs- und Erprobungsräume in den Blick gerückt, welche den Lernenden die Möglichkeit eröffnen, sich selbst als wirklichkeitserschließende und -gestaltende Akteure zu erleben. M. wandelten sich dabei von Lehrmethoden zu Lernmethoden und wurden gerade von der systemisch-konstruktivistischen (Erwachsenen-)Pädagogik ( Konstruktivismus; systemische Erwachsenenbildung) als der eigentliche „Kern eines lebendigen und nachhaltigen Erwachsenenlernens“ (Arnold & Stroh, 2017, S. 1) neu begründet. Seit den 1990er Jahren wurden Methodenpools entwickelt sowie Methodensammlungen veröffentlicht, die den Lernenden Wege eröffnen, selbstorganisiert (Selbstorganisation – Selbststeuerung – Selbstlernen) in neuartigen Situationen komplexe Probleme zu lösen (auch unter Zuhilfenahme neuer Medien und Technologien), um sich mit den Anforderungen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Wandels (sozialer Wandel) auseinanderzusetzen, sich Kompetenzen selbst und in Kooperation anzueignen und zugleich lernmethodische Kompetenzen in sich zu stärken und zu routinisieren. Durch eine solche Methodenorientierung soll das lebenslange Lernen (lifelong learning) gefördert und den Lernenden durch Bildung eine kontinuierliche Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen Leben in der sich rasch verändernden Gesellschaft durch die Stärkung ihre eigenen Methoden- bzw. Selbstlernkompetenz ermöglicht werden.

Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass sich in der Erwachsenenbildung zwei Trends abzeichnen, die mit einer Aufwertung der M. als didaktischer Dimension einhergehen und auch unmittelbar die Frage der Methodenwahl beeinflussen: die Kompetenz- bzw. Outcome-Orientierung und die Digitalisierung der Angebote und Lernformate (digitales Lernen). Beide Trends fokussierten die Frage, auf welche Art und Weise eine selbstorganisierte Aneignung des Lerngegenstands ermöglicht werden kann. Wenn selbstorganisiertes (bzw. selbstgesteuertes) Lernen die grundlegende Voraussetzung für die Entstehung, den Erwerb sowie die nachhaltige Verankerung von Kompetenzen darstellt, dann kann es bei der Frage, wie Lernzugänge ermöglicht und Aneignungswege arrangiert werden, nicht länger einen (richtigen) „Weg zum Lernziel“ geben. Jede oder jeder Lernende muss vielmehr einen eigenen Weg finden. Statt M. als durch die Kursleitung vorgezeichnete „Wege zu einem Lernziel“ zu begreifen, werden sie aus kompetenztheoretischer Perspektive als „Erfahrungsräume“ konzipiert, analysiert und daraufhin beurteilt, ob und inwieweit sie eine selbstorganisierte Aneignung ermöglichen oder gar verhindern. Durch die Wahl der M. entscheidet sich, welche Erfahrungen die Lernenden bei der Bewältigung einer Aufgabe sammeln können und welche nicht. Fordern die M. zu einem Nachvollzug des Inhaltes auf (z. B. Vortrag, Präsentation, fragend-entwickelndes Lehrgespräch), bleiben sie einer Input-Logik verhaftet und transportieren zudem die heimliche Botschaft, es gehe beim Lernen und Kompetenzerwerb vornehmlich um Aneignung und Nachvollzug. Laden die M. demgegenüber dazu ein, eigenständig Probleme zu lösen, eigene Konzeptionen zu entwickeln oder komplexe Sachverhalte reflektierend und kooperativ zu durchdringen (z. B. Open Space, Leittextmethode, Placemat), wird den absehbaren Anforderungen einer unsicheren, vielfältigen und situativ zu gestaltenden Arbeitswelt (Arbeit) und Lebenswelt substanziell Rechnung getragen und zudem nicht allein der Nachvollzug, sondern die eigene Gestaltung als Routine des lebenslangen Lernens eingeübt (Arnold & Stroh, 2017).

Diese Entwicklungen wurden in der Lerntheorie des systemischen Konstruktivismus aufgegriffen, und auch die Beiträge namhafter Hirnforscher zu den Themen Bildung, Lernen und Persönlichkeitsentwicklung (Persönlichkeitsbildung) haben in den letzten Jahren das Bild einer am Outcome orientierten Lernkultur gestärkt. Nicht die Vermittlung überlieferten Wissens, sondern dessen selbstgesteuerte Aneignung sowie die Verknüpfung mit bereits gespeicherten Erfahrungen und Kompetenzen markieren deshalb die grundlegenden Anforderungen an die methodische Inszenierung von Lernsituationen, die eine Aktivierung der Lernenden grundsätzlich ermöglichen. Dieser Wechsel hin zu den M. des selbstorganisierten Lernens lässt Instruktionsmethoden nicht vollständig obsolet werden; sie treten allerdings stärker in den Hintergrund und geben der Selbstinstruktion (z. B. durch die Nutzung von Selbstlernmaterialien, Open Content oder ­YouTube-Erklärvideos) sowie die Einbettung des Wissens in Lernlandschaften bzw. Lernarrangements einen größeren Raum.

M. können in unterschiedlicher Weise klassifiziert werden, sodass die Auswahl einer bestimmten Methode für das eigene Lehr-Lern-Szenario gezielt erfolgen kann. Die wohl häufigsten Klassifizierungen sind die nach Seminarphasen (z. B. Einstiegs-, Erarbeitungs- und Ausstiegsmethoden) oder Verwendungszwecken (z. B. Feedback- und Ergebnis­sicherungsmethoden, Muntermacher, soziale M.). Teilweise werden M. nach dem Grad der Lernerautonomie (Autonomie) auf einem Kontinuum zwischen den Polen Fremd- und Selbststeuerung bzw. Vermittlung und Aneignung oder Erzeugungs- und Ermöglichungsdidaktik verortet. Eine alternative Klassifizierung stellt Weidenmann (2015) vor. Er teilt die M. nach „Zutaten“ ein (z. B. Papier, Stühle, Figuren, Körper), um die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten derselben zu verdeutlichen und zum Selbstentdecken neuer M. anzuregen.

Während sich die meisten Methodensammlungen an die Lehrenden wandten, um ihnen Anregungen zu Fragen wie „Wie fange ich an? Wie bringe ich ein Gespräch in Gang? Wie leite ich eine Diskussion?“ (Knoll, 1992, S. 7) zu geben, wenden sich systemisch-konstruktivistisch inspirierte Methodensammlungen expliziter, wenn auch indirekt an die Lernenden. Diese sollen „die Perspektivität erkennen (können)“, „vom Unterschied her lernen (können)“, „Ressourcen nutzen (können)“ oder „biografiekompetent werden (können)“ (Arnold & Stroh, 2017). Es langt deshalb auch nicht, nur für einen Methodenwechsel zu plädieren, um der Langeweile im Lehr-Lern-Prozess entgegenzuwirken. Die entscheidende Frage ist vielmehr, welche M. gewechselt werden: Lehrmethoden mit Lehrmethoden oder Lehrmethoden durch Lernmethoden.

Methodenwahl und -einsatz sind grundsätzlich vom Kontext der Lehr-Lern-Situation abhängig, und Erwachsenenbildende sind gehalten, bei der Entscheidung für eine Methode immer verschiedene Parameter, z. B. die Komplexität des Lerngegenstands, die Größe, die Zusammensetzung und die Selbstlernkompetenz der Lerngruppe, die zur Verfügung stehende Zeit und den Lernort, zu berücksichtigen. Dabei gilt zwar: „Methodisches Handeln ist eine Suchbewegung, ein Ausprobieren und Variieren“ (Siebert, 2010, S. 28). Doch ist ebenso darauf zu achten, ob es sich bei dieser Suchbewegung immer noch einseitig um Lehrmethoden handelt oder ob auch schon gezielter Lernmethoden genutzt werden können, mit deren Hilfe Lernende sich selbst auf den Weg machen und sich weitgehend selbstgesteuert und in Kooperation mit anderen in ihrer Kompetenzentwicklung stärken können.

Um Methodenauswahl und -nutzung im Lernprozess im Sinne eines aktivierenden sowie tiefenwirksamen Lernens festalten zu können, benötigen Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung eine besondere Kompetenz bzw. ein methodisches Gespür bei der Frage, welche M. die Lernenden unterstützen und in ihrem eigenen Lernprozess stärken können und welche (eher) nicht. Sie müssen die Situation in der jeweiligen Gruppe erfassen (reading) und situativ angemessen reagieren (flexing). Zu den methodischen Kompetenzen einer Lehrkraft gehören neben der Kenntnis unterschiedlicher M. die Fähigkeit, diese passend anwenden zu können, Teilnehmende zu aktivieren, deren Motivation (Lernmotivation –
Lerninteresse
) zu entdecken und zu fördern, das soziale Klima in der Lerngruppe positiv zu beeinflussen, Lerntechniken (Lernstrategien – Arbeitstechniken) zu trainieren, das soziale und selbstorganisierte Lernen anzuregen, Metakognition und -kommunikation zu fördern, eine Perspektivverschränkung anzuregen, Komplexes durch Beispiele zu veranschaulichen, einen Praxistransfer zu ermöglichen, die Selbstevaluation des Lernfortschritts anzuregen (Lernevaluation) und Follow-up-Prozesse sowie eine gemeinsame Prozessreflexion zu unterstützen.

Die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft verknüpft die Methodenfrage des Erwachsenenlernens noch stärker mit der Medienfrage. Dabei geht es im Kern auch darum, die kompetente Mediennutzung der Lernenden zu fördern. Welche Relevanz der Medienkompetenz in der heutigen Gesellschaft zukommt, hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie verdeutlicht. Neben reinen Anwenderkenntnissen sollte Medienkompetenz auch eine Medienreflexion umfassen, die methodisch angeregt und im Umgang mit den Medien gestärkt werden kann. In diesem Sinne hat die Europäische Kommission einen „Referenzrahmen für digitale Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger“ vorgelegt, an dessen Hinweisen sich eine methodenbewusste und medienkritische Erwachsenenbildung orientieren kann. Die Verknüpfung der Methoden- mit der Medienfrage ist auch in Anbetracht der Verbreitung von Learning Management-Systemen (LMS) relevant (z. B. vhs-Cloud, Moodle, Online Learning And Training, OLAT). Zu den gängigen Lernformaten im Online-Bereich zählen der online-gestützte Präsenzunterricht (der Präsenzunterricht wird durch zusätzliches Material auf einer Lernplattform angereichert), Blended Learn­ing (Präsenzphasen wechseln sich mit Online-Phasen ab) und reines E-Learning (z. B. Massive Open Online Courses (MOOCS) oder Webinare).

Die Herausforderung besteht darin, die Lernformate bzw. -prozesse (z. B. Präsenz- und Online-Phasen, synchrones und asynchrones E-Learning) methodisch aufeinander abzustimmen. Dabei reicht es bspw. nicht aus, bei einem Blended-Learning-Seminar eine E-Learning-Phase vor ein Präsenzseminar zu setzen. Um einen kontinuierlichen Lernprozess zu ermöglichen, sollten vielmehr die einzelnen Formate miteinander verzahnt werden, z. B. durch M., die die Vorbereitung, Wiederholung, Nachbereitung oder Vertiefung einer vor- bzw. nachgeschalteten Lerneinheit in einem anderen Format ermöglichen (Sammet & Wolf, 2019).

In der Online-Seminarpraxis müssen M. von „E-Werkzeugen“ (auch „E-Tools“) unterschieden werden. Letztere bezeichnen die technischen Möglichkeiten im Lehr-Lern-Szenario und werden unterteilt in synchrone Werkzeuge (z. B. Chat, virtuelles Klassenzimmer, Diskussionsforum) und asynchrone Werkzeuge (z. B. E-Mail, Weblog, Wiki-Web). Bei der Arbeit mit bestimmten M. kommen in der Online-Seminarpraxis bestimmte Online-Werkzeuge zum Einsatz, bspw. kann die Methode 5-Hauptwörter-Vorstellung als Einstiegsmethode über ein Forum oder per E-Mail umgesetzt werden, die Methode Cyber­storming, ein Brainstorming im virtuellen Raum, durch Chat, Diskussionsforum oder E-Mail (Häfele & Maier-Häfele, 2016). Viele der für den Präsenzunterricht beschriebenen M. lassen sich ohne Weiteres mithilfe der E-Werkzeuge in die digitale Lehre übertragen. Aber es werden auch neue M. speziell für die Online-Praxis entwickelt.

Literatur

Arnold, R. (2017). Entlehrt euch! Ausbruch aus dem Vollständigkeitswahn. Bern (CH): hep.

Arnold, R. & Stroh, C. (2017). Methoden systemischer Erwachsenenbildung. Baltmannsweiler: Schneider.

Erpenbeck, J. & Sauter, W. (2016). Stoppt die Kompetenzkatastrophe! Wege in eine neue Bildungswelt. Berlin: Springer.

Häfele, H. & Maier-Häfele, K. (2016). 101 e-Learning Seminarmethoden. Methoden und Strategien für die Online- und Blended-Learning-Seminarpraxis (6. Aufl.). Bonn: Managerseminare.

Knoll, J. (1992). Kurs- und Seminarmethoden. Ein Trainingsbuch zur Gestaltung von Kursen und Seminaren, Arbeits- und Gesprächskreisen (4. Aufl.). Weinheim: Beltz.

Sammet, J. & Wolf, J. (2019). Vom Trainer zum agilen Lernbegleiter. So funktioniert Lehren und Lernen in digitalen Zeiten. Wiesbaden: Springer.

Siebert, H. (2010). Methoden für die Bildungsarbeit. Leitfaden für aktivierendes Lehren (Reihe Perspektive Praxis, Bd. 11, 4., überarb. Aufl.). Bielefeld: W. Bertelsmann.

Weidenmann, B. (2015). Handbuch Active Training. Die besten Methoden für lebendige Seminare (3. Aufl.). Weinheim: Beltz.

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