Lehren

Anita Pachner

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-173

L. ist neben Planen, Konzipieren, Organisieren, Beraten und Evaluieren die wichtigste Handlungsform der Erwachsenenbildung. L. wird häufig verstanden als die Vermittlung von Fach- oder Expertenwissen an Laien (Aneignung – Vermittlung). Dabei ist eine reine Vermittlungsdidaktik in der Erwachsenenbildung nicht mehr zeitgemäß. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass im Sinne einer Ermöglichungsdidaktik eine Lehrperson anregende, erwachsenengerechte Lernumgebungen bereitstellt, die Lernen anbahnen können. Die Lernenden nutzen diese Lernräume „eigenwillig“, d. h. sie lernen, was ihren gegenwärtigen Lernbedürfnissen entspricht und für sie viabel und anschlussfähig ist (Konstruktivismus; Selbstorganisation – Selbststeuerung – Selbstlernen). Das L. muss folglich die Autopoiese und Selbstreferenz der Lernenden berücksichtigen.

Angemessen ist ein „Absichtsbegriff“ von L., sodass dann von L. gesprochen werden kann, wenn die Absicht zu lehren vorliegt (Pachner, 2018). Dabei können alle intendierten Lehrhandlungen einer Lehrperson als L. bezeichnet werden, auch wenn diese nicht in einem Lernen münden. Es wird folglich nicht von einem Bedingungsverhältnis zwischen L. und Lernen ausgegangen. Der sog. Lehr-Lern-Kurzschluss, also die „Unterstellung, ‚Lehren‘ würde automatisch ‚Lernen‘ bei den Belehrten implizieren“ (Holzkamp, 2008 [1996], S. 31), ist damit aufgehoben. Diese Betrachtungsweise, bei der die Lernenden verantwortlich für ihr Lernen sind, verändert nicht nur die Bedeutung des Lehrens, sondern auch die Rolle der Lehrperson. Ihre Hauptaufgabe besteht nun in der Bereitstellung lernförderlicher Lernumgebungen, in der Begleitung und in der Beratung (Coaching) der lernenden Subjekte und nicht mehr in der reinen Vermittlung von Wissensinhalten (Pachner, 2018).

Nach Horst Siebert ist es das Ziel des Lehrens, eine Verbindung zwischen der Psychologik, die sich in den Lern- und Motivationsstrukturen der Teilnehmenden zeigt, der Sach- bzw. Inhaltslogik, die die Kenntnisse von Strukturen und Zusammenhängen der Thematik bezeichnet, und der Verwendungslogik, die die Anforderungen der Verwendungssituation (Curriculum) und den Transfer des Gelernten in die Praxis gewährleisten soll, herzustellen. Je nach Veranstaltungsart (Veranstaltungen), Zielgruppe und motivationalen Faktoren (Lernmotivation – Lerninteresse) kommt der einen oder anderen Logik beim L. größere Bedeutung zu (Siebert, 2009). Somit müssen Lehrende dazu fähig und bereit sein, Lerngelegenheiten vor dem Hintergrund ihrer reflektierten Erfahrungen und ihres wissenschaftlichen Wissens zu schaffen. Diese sollen so strukturiert sein, dass ein selbsttätiges und kooperatives Lernen ermöglicht wird, Wissen auf Basis der individuellen Erfahrung aktiv konstruiert werden kann und die Erwartungen der Lernenden sowie der Lehrauftrag erfüllt werden können.

Daraus resultieren hohe Ansprüche an die professionelle Handlungskompetenz (Professionalität) der Lehrenden (Pachner, 2018). Diese müssen nicht nur ihr Expertenwissen einbringen, sondern organisatorisch und leitend tätig werden sowie didaktische Konzepte (Didaktik – Methodik), Methoden und Medien zielgruppengerecht gestalten, anpassen und einsetzen, um einen Kompetenzzuwachs (Kompetenz) bei den Lernenden durch eine lernwirksame Lernumgebung zu fördern. Im Sinne der Outputorientierung werden Lehrende auch zu Evaluierenden (Evaluation), wobei sich erfolgreiche Lehre an den Kompetenzen festmachen lässt, die die Lernenden anschließend in ihrem Handlungsfeld zeigen. Dazu ist eine reflexive, forschende Haltung notwendig, die es den Lehrenden erlaubt, ihr Handeln fortwährend auf Angemessenheit hin zu untersuchen und ggf. anzupassen (ebd.).

Literatur

Holzkamp, K. (2008 [1996]). Wider den Lehr-Lern-Kurzschluß. Interview zum Thema ‚Lernen‘. In P. Faulstich & J. Ludwig (Hrsg.), Expansives Lernen (S. 29–38). Baltmannsweiler: Schneider.

Pachner, A. (2018). Lehren in der Erwachsenen- und Weiterbildung. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (Reihe Springer Reference Sozialwissenschaften, 6., über­arb. u. akt. Aufl., Bd. 2, S. 1439–1456). Wiesbaden: Springer VS.

Siebert, H. (2009). Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. Didaktik aus konstruktivistischer Sicht (Reihe Grundlagen der Weiterbildung, 6., überarb. Aufl.). Augsburg: Ziel.

Lebenswelt
Lehrerbildung, 3. Phase