Finanzierungsituation der Weiterbildung

Dieter Timmermann

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-104

Die Datenlage zur Finanzierung der Weiterbildung in Deutschland ist defizitär. Über die Beiträge der Teilnehmenden ist wenig bekannt; sie werden von den Finanzstatistiken nicht erfasst. Die Angaben über die öffentlich finanzierte Weiterbildung (öffentliche Verantwortung) enthalten keine Daten über die Weiterbildung der öffentlich Beschäftigten, die Ausgaben für Weiterbildungsberatungsstellen (Beratung im Kontext lebenslangen Lernens), die Werbungsbudgets für Weiterbildungsmaßnahmen (Marketing; Öffentlichkeitsarbeit), die verdeckten öffentlichen Etats für Weiterbildungszwecke in den Bundes- und Landesressorts und über die weiterbildungsbedingten Steuerausfälle.

Das Finanzvolumen der Anbietenden (Weiterbildungsanbieter) im Bereich der allgemeinen Weiterbildung ist nur z. T. bekannt, da ausschließlich für die Volkshochschulen (vhs) systematisch und umfassend erhobene Daten vorliegen. Insgesamt beziehen sich die Daten auf gut ein Fünftel der Weiterbildungseinrichtungen, die ein offenes Angebot vorhalten; dabei fallen die Erfassungsquoten innerhalb der Verbände sehr unterschiedlich aus. In den Tabellen und Abbildungen der Statistik des Weiterbildungsverbunds sind die absoluten Werte nur als Mindestwerte mit einer eingeschränkten Vergleichbarkeit zu interpretieren. Die unzureichende Identifizierung der direkten und die bislang fehlende Erfassung der indirekten Finanzierungsbeiträge (Steuerausfälle) der öffentlichen Hand führen dazu, dass die gesamte Finanzierungslast der öffentlichen Hand für Weiterbildung unbekannt ist. Der Ausweis einer Summe, die das gesamte Finanzierungsvolumen abbildet, ist angesichts dieser empirischen Erfassungsprobleme in ihrem Aussagewert begrenzt.

Die Statistik des seit dem Jahr 2000 bestehenden Weiterbildungsverbunds, zu dem sich die drei bundesweiten Verbände Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben (BAK AL), Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (DEAE) und Katholische Erwachsenenbildung Deutschland (KEB) zusammengeschlossen haben, liefert gemeinsam mit dem Deutschen Volkshochschulverband (DVV) seit 2002 die empirischen Daten über die Höhe und Strukturen der Weiterbildungsfinanzierung. Die Gesamteinnahmen des Verbunds lagen zwischen 2002 (1,541 Mrd. €) und 2015 (1,500 Mrd. €) mit Ausnahme von 2011 (1,564 Mrd. €) stets unter dem Niveau von 2002. Seit 2016 liegen sie bei 1,7 Mrd. Euro (2018 bei 1,708 Mrd.). Der größte Anteil wird mit stabilem Niveau von durchschnittlich 35,5 Prozent durch die Teilnehmergebühren getragen (2018 mit gut 540 Mio. € knapp 32,0 %), dann folgen die öffentlichen Mittel (Zuschüsse) mit durchschnittlich 25 Prozent und die Eigenmittel der Träger mit durchschnittlich 22 Prozent. Erst 2016 bis 2018 liegt die Gesamteinnahmenhöhe (um 10,3 %) über dem Niveau von ٢٠٠٢. Im gleichen Zeitraum (٢٠٠٢ bis ٢٠١٨) betrug die Preissteigerung durchschnittlich 24 Prozent bzw. stieg der Verbraucherpreisindex um 21,3 Prozentpunkte. Dies führt zu dem Schluss, dass die für die genannten Einrichtungen verfügbaren monetären Ressourcen (Finanzierungsquellen der Weiterbildung) im genannten Zeitraum an realem Wert verloren haben.

Die insgesamt gewährten öffentlichen Mittel strömen von verschiedenen öffentlichen Finanziers mit unterschiedlichen Gewichtungen an die Mitglieder des Weiterbildungsverbunds. Die Kommunen sind unter Berücksichtigung der Zuschüsse an die vhs bis 2015 mit gut 46 Prozent (danach sinkt der Anteil im Jahr 2018 auf 34,4 %) die größten Finanziers, gefolgt von den Bundesländern mit etwa 30 Prozent über den gesamten Zeitraum. Der Bund hat seinen Finanzierungsbeitrag kontinuierlich erhöht von 4,7 Prozent im Jahr 2002 auf 27,9 Prozent im Jahr 2018. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat gegenläufig dazu ihren Anteil von 18 Prozent im Jahr 2002 auf 4,2 Prozent im Jahr 2018 zurückgefahren (Weiterbildungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit). Bis 2015 kamen im Durchschnitt allein 75 Prozent der öffentlichen Zuschüsse aus den Kommunen und Bundesländern; 2018 waren es nur noch 65 Prozent. Die Europäische Union (EU) und internationale Förderer trugen bisher zwischen 3,0 Prozent (2018) und 5,9 Prozent (2006) zur Finanzierung des Verbunds bei, wobei der größte Empfänger der BAK AL mit einem Einnahmenanteil zwischen 11,2 Prozent (2002) und 29,8 Prozent (2014) ist. Die anderen Einrichtungen liegen bei 1,5 Prozent (DEAE), 3,7 Prozent (DVV) und 3,5 Prozent (KEB).

Auffällig sind folgende Entwicklungen:

  • Der Einnahmenzuwachs aus Bundesmitteln um 23,2 Prozentpunkte zwischen 2002 und 2018 kam dem BAK AL mit einem Anteilszuwachs von 16,5 Prozentpunkten (von 14,4 auf 30,9 %), der DEAE mit 11,0 Prozentpunkten und dem DVV mit 25,8 Prozentpunkten zugute. Die KEB blieb trotz einiger Schwankungen bei einem Anteil von gut 10 Prozentpunkten.
  • Der Rückgang des Anteils von Mittelzuwendungen auf der Grundlage des SGB III um 13,8 Prozentpunkte (von 18,0 auf 4,2 %) traf den BAK AL mit einem Rückgang um 23,4 Prozentpunkte (von 26,3 auf 2,9 %) und insb. die KEB mit einem Minus von 36,6 Prozentpunkten (von 36,8 auf 0,2 %) hart; auch der DVV erlitt einen Rückgang des Anteils um 12,6 Prozentpunkte (von 17,3 auf 4,7 %).
  • Der Länderanteil an den Einnahmen des Weiterbildungsverbunds blieb mit zwischen 28 und 31 Prozent schwankenden Anteilswerten insgesamt stabil, übersteigt bei dem BAK AL ab 2016 wieder die 40-Prozent-Marke aus dem Jahr 2002, ist beim DEAE mit über 70 Prozent (aber leicht auf 67,0 % sinkendem Anteil ab 2017) der Schwerpunkt öffentlicher Finanzierung, liegt beim DVV weitgehend stabil bei durchschnittlich 25 Prozent und ist auch für die KEB mit einem Anstieg von 46,0 Prozent im Jahr 2002 auf 76,7 Prozent im Jahr 2018 ein starker öffentlicher Geldzufluss.

Aus der Sicht der vier Trägergruppen ist Folgendes festzuhalten:

  • Die Finanzierungsanteile der öffentlichen Finanziers schwanken in dem Zeitraum von 17 Jahren bei den vier Trägergruppen z. T. erheblich.
  • Für jede der Trägergruppen bilden sich öffentliche Hauptfinanziers heraus.
  • Der BAK AL bekam im Durchschnitt der 17 Jahre 37,5 Prozent seiner öffentlichen Mittel von den Bundesländern, 21,5 Prozent vom Bund (mit steigender Tendenz), 22,3 Prozent von der EU u. a., 12,0 Prozent waren Mittel nach dem SGB III (mit stark sinkender Tendenz) und 6,6 Prozent kommunale Zuschüsse.
  • Die DEAE erhielt fast 75 Prozent ihrer öffentlichen Mittel von den Bundesländern, 17,3 Prozent von den Kommunen, 6,3 Prozent vom Bund (mit steigender Tendenz) und vernachlässigbare 1,5 bzw. 0,1 Prozent von der EU u. a. bzw. aus Mitteln nach dem SGB III.
  • Der DVV wurde in den 17 Jahren im Durchschnitt zu 46,5 Prozent von den Kommunen, mit 24,4 Prozent von den Bundesländern, mit 10,0 Prozent durch Mittel nach dem SGB III (mit stark sinkender Tendenz), mit knapp 9 Prozent vom Bund (mit stark steigender Tendenz) und mit 3,7 Prozent von der EU u. a. finanziert.
  • Die KEB erhielt durchschnittlich 56,6 Prozent ihrer öffentlichen Mittel von den Bundesländern, 20,6 Prozent aus Mitteln nach dem SGB III (ebenfalls mit stark sinkender Tendenz), 9,2 Prozent von den Kommunen, 8,3 Prozent vom Bund und 3,5 Prozent von der EU u. a.

Die Gesamteinnahmen der vhs folgen in dem Zeitraum 1994 (mit 733.269 Mio. €) bis 2018 einem fast linearen Zuwachs von insgesamt 86,0 Prozent, der zwischen 2002 und 2006 einen leichten Einbruch erfuhr, seit 2008 die Marke von 1 Mrd. Euro erreicht und 2019 mit 1,402 Mrd. Euro deutlich überschritten hat. Die größten Finanziers sind bislang die Teilnehmenden, die über die Teilnahmegebühren ihren Finanzierungsanteil von gut 33 auf 40,5 Prozent im Jahr 2015 gesteigert haben. Dann aber sinkt ihr Anteil auf 32,5 Prozent im Jahr 2019 ab. Die Kommunen haben ihren Finanzierungsanteil bis 2015 mit 27 bis 28 Prozent stabil gehalten. Danach sinkt ihr Anteil bis 2019 auf 21,2 Prozent. Die Bundesländer haben ihren Finanzierungsanteil von 21,3 Prozent im Jahr 1994 kontinuier­lich auf 12,0 Prozent im Jahr 2019 zurückgefahren. Gleiches gilt für die BA, deren Finanzierungsanteil von fast 10 Prozent (1994) auf 2,9 Prozent (2019) fiel. Der Bundesmittelanteil stieg von 1994 (1,3 %) bis 2015 kontinuierlich auf 6,3 Prozent, ab 2016 sprang er von 12,0 auf 18,9 Prozent im Jahr 2019. Die EU-Fördermittel schwanken anteilsmäßig leicht um 2 Prozent, liegen 2019 bei 1,5 Prozent.

Literatur

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung. (Hrsg.). (2004–2018). Weiterbildungsstatistik im Verbund (Reihe texte.online/DIE Survey. Daten und Berichte zur Weiterbildung). Bonn: DIE.

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung. (Hrsg.). (1991–2018). Volkshochschul-Statistik (Reihe texte.online/DIE Survey. Daten und Berichte zur Weiterbildung). Bonn: DIE.

Finanzierungsquellen der Weiterbildung
Formale – non-formale – informelle Bildung