Finanzierungsquellen der Weiterbildung

Dieter Timmermann

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-103

Als Finanziers der Weiterbildung (Finanzierung der Weiterbildung) kommen folgende Akteure entweder allein (dann spricht man von reinen Finanzierungssystemen) oder gemeinsam (dann spricht man von Mischsystemen) infrage: die Teilnehmenden an Bildungsmaßnahmen oder ihre Angehörigen; die Gesamtheit der Erwerbstätigen oder Gruppen von ihnen (d. h. Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter, Verbeamtete, Selbstständige); private Organisationen (z. B. Unternehmen, Stiftungen, Korporationen, Bildungsträger); der Staat (Bundesregierung, Bundesländer, Landkreise oder Kommunen); inter- und supranationale Akteure wie die Europäische Union (EU).

Die den Zahlenden auferlegten Geldtransaktionen können Marktpreise für die Bildungsleistungen, Gebühren und Beiträge, Steuern oder Umlagen sein. Ihnen stehen jeweils drei Finanzierungsquellen zur Verfügung: (1) vergangenes Einkommen (in Form von Gespartem), (2) laufendes Einkommen (Löhne, Gehälter, Zins-, Miet- oder Pachteinkommen, Steuereinnahmen, Umsätze, Einnahmen aus Umlagen) und (3) zukünftiges Einkommen (über Kredite und Darlehen).

Die für die Weiterbildungsaktivitäten Zahlenden können unter Umständen ihre Finanzierungslast auf andere Personen, Personengruppen oder Organisationen überwälzen. Diese Überwälzungsfähigkeit der Finanzierungslast ist ungleich verteilt und abhängig von Marktkonstellationen, von Preiselastizitäten, aber auch von politischer und ökonomischer Macht. Teilnehmenden an (Weiter-)Bildungsaktivitäten wird es aufgrund ihrer ökonomischen und politischen Machtlosigkeit schwerfallen, ihre Finanzierungslast auf andere Wirtschaftssubjekte zu verschieben. Nur bei steuerlicher Absetzbarkeit privater Bildungsausgaben können sie Teile ihrer Kostenlast auf die Allgemeinheit der Steuerzahlenden abwälzen. Organisationen versuchen, ihre Zahlungslast über die Preise ihrer Produkte und Dienstleistungen auf die Käuferinnen und Käufer umzulegen.

Nicht zuletzt ist auch der Staat eine Finanzierungsquelle gesellschaftlicher Bildung, da er seine Einkünfte aus Gebühren und Steuern bezieht. Von den beiden großen Steuerzahlergruppen – den steuerpflichtigen Individuen und den steuerpflichtigen Organisationen – haben die Organisationen die weitaus größeren Chancen, ihre Steuer- und Abgabenlast ganz oder teilweise an ihre Kundinnen und Kunden weiterzureichen. Folgende Hypothese scheint tragbar: Während eine Vielzahl an unterschiedlichen Gruppen von Wirtschaftssubjekten für Bildung zahlen, tragen mit hoher Wahrscheinlichkeit nur zwei Gruppen die Finanzierungslast: die Haushalte der Steuerzahlenden und die Konsumentenhaushalte, aus denen sich die Teilnehmenden rekrutieren und zwischen denen es eine sehr große Schnittmenge gibt.

Die komplexen Überwälzungsprozesse von Steuern und Abgaben erlauben den Schluss, dass die Kosten für organisiertes Lernen in hohem Maße aus den Arbeitseinkommen, weniger aus den Kapitaleinkommen bestritten werden. Diese Erkenntnis entspricht der Kernthese der Humankapitaltheorie (Humankapital), dass Bildung grundsätzlich als Investition anzusehen und daher über Konsumverzicht zu finanzieren sei.

Die Frage der Kosteninzidenz (wer trägt die Weiterbildungskosten) legt die komplementäre Frage nach der Nutzen- bzw. Ertragsinzidenz nahe (wer sind die Nutznießenden von Weiterbildung). Die Aneignung von Nutzen und Erträgen von Erwachsenen- und Weiterbildung geschieht durch die Teilnehmenden in Gestalt gestiegener Kompetenzen; ihre Arbeitgeber infolge höherer Leistungsfähigkeit der Weitergebildeten; sog. Dritte, z. B. Personen aus dem Kreis der Angehörigen, dem Arbeitskollegium, dem Freundeskreis oder der Nachbarschaft (indirekte Vorteile bzw. externe Erträge); den Staat (in Form höherer Steuereinnahmen) und die Gesellschaft (externe Erträge mittels höheren Wirtschaftswachstums, höherer Lebensqualität und vermiedener sozialer Kosten). Die diversen Nutzen- und Ertragswirkungen für die unterschiedlichen Stakeholder können sowohl während als auch nach den Weiterbildungsphasen anfallen.

Als internationaler Finanzier (Finanzierung der Weiterbildung, international) wird in den statistischen Quellen nur die EU angegeben, die allerdings nicht als regelmäßiger Zahlender sondern als Förderer in spezifischen Programmen (z. B. Europäischer Sozialfonds, ESF) auftritt.

Literatur

Hummelsheim, S. (2009). Finanzierung der Weiterbildung (Reihe Studientexte für Erwachsenenbildung, Bd. 9). Bielefeld: W. Bertelsmann.

Hummelsheim, S. & Weiß, S. (2010). Finanzierung von Weiterbildung. In H. Barz (Hrsg.), Handbuch ­Bildungsfinanzierung (S. 237–248). Wiesbaden: Springer VS.

Timmermann, D. (2017). Finanzierung der Erwachsenen-/Weiterbildung (Studienheft). Kaiserslautern: TU Kaiserslautern.

Finanzierungsmodelle der Weiterbildung
Finanzierungsituation der Weiterbildung