Finanzierung der Weiterbildung, international

Dieter Dohmen

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-101

Mit Blick auf die internationale Diskussion der Weiterbildungsfinanzierung sind die wesentlichen Fragen: (1) Wie hoch sind die Ausgaben, und wer beteiligt sich in welchem Umfang an der F.? (2) Welche Finanzierungsmodelle werden wie genutzt? (3) Welchen Beitrag leisten unterschiedliche Finanzierungsmodelle bzw. -systeme zur (Erhöhung der) Weiterbildungsbeteiligung? Die empirische Datengrundlage zur F. im Weiterbildungsbereich aus internationaler Perspektive ist jedoch aufgrund seiner Heterogenität – insb. auch für vergleichende Analysen – nur unzureichend vorhanden.

Zu (1). Die einzige Studie, die die Höhe von und Beteiligung an Weiterbildungsausgaben übergreifend und für alle Finanziers (Individuum, Arbeitgeber, öffentliche Hand) zu ermitteln versucht, ist die FiBS/DIE-Studie (2013). Sie schätzt die Weiterbildungsausgaben verschiedener Länder auf eine Größenordnung von bis zu 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), wobei die meisten erfassten Länder unterhalb von einem und teilweise unterhalb von einem halben Prozent liegen. Die höchsten Ausgaben hatten Dänemark, Österreich und Schweden mit über 1,2 Prozent des BIP, gefolgt von Norwegen, den USA, den Niederlanden und der Schweiz mit über 1,0 Prozent des BIP. Andere Länder, z. B. Spanien, Australien oder Kanada, gaben weniger als 0,5 Prozent des BIP für Weiterbildung aus. Deutschland lag nach den damaligen Daten bei 0,9 Prozent des BIP und damit im Mittelfeld (Finanzierungssituation der Weiterbildung).

In den meisten Ländern sind die Arbeitgeber die größten Finanziers von Weiterbildung und tragen über 50 Prozent der Gesamtausgaben, gefolgt von den Individuen, die zwischen 20 und 35 Prozent tragen (Finanzierungsquellen der Weiterbildung). Die öffentliche Hand (inkl. der Arbeitslosenversicherungen) hat meist einen Anteil von unter 20 Prozent. Lediglich in den nordischen Ländern Norwegen, Finnland und Schweden ist der Staat der größte Geldgeber.

Daneben erhebt das UNESCO Institute for Lifelong Learning (UIL) (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) regelmäßig die öffentlichen Ausgaben für die Weiterbildung auf Basis der Angaben der jeweiligen Regierungen und veröffentlicht die Ergebnisse in seinem Global Report on Adult Learning and Education (GRALE). Allerdings wird in diesem genauso regelmäßig darauf verwiesen, dass diese Angaben unvollständig sind.

Zu (2). Bei der Frage nach der Form der F. bzw. nach der Art des Finanzierungsmodells lassen sich (neben der Selbstfinanzierung) die angebotsorientierte und die nachfrageorientierte F. unterscheiden (Finanzierung der Weiterbildung): Finanziert der Staat Weiterbildungsanbieter direkt, spricht man von einer Angebotsfinanzierung, in allen anderen Fällen von einer Nachfragefinanzierung. International betrachtet, werden beide möglichen Finanzierungsmodelle der Weiterbildung auch genutzt, allerdings in sehr unterschiedlichem Umfang und mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Auch sind die Systeme, die sich aus der Kombination der einzelnen Modelle ergeben, sehr unterschiedlich ausgerichtet.

Aus einer systemischen Perspektive der Weiterbildungsfinanzierung ist die stringente Ausrichtung der Förderung auf Individuen in Schweden eine Ausnahme, was auch für die ausschließliche Ausrichtung auf Unternehmen in Zypern gilt (jeweils Nach­fra­ge­finan­zie­rung). Von wenigen Ausnahmen abgesehen (u. a. Griechenland), adressieren die meisten Länder sowohl Individuen als auch Unternehmen durch unterschiedliche Kombinationen der Finanzierungsmodelle.

In Schweden, dem Land mit einer der höchsten Weiterbildungsbeteiligung, gibt es eine übergreifende Förderung durch eine Kombination aus Zuschuss und verzinslichem Darlehen sowie eine bezahlte Freistellung (sog. Bildungsurlaub). Die Förderung sichert insb. den Lebensunterhalt, da das Hochschul- und Weiterbildungssystem angebotsfinanziert ist. Eine Besonderheit ist, dass man mit dieser Förderung auch bis ins „höhere Alter“ an Hochschulen studieren kann, anders als in vielen anderen Ländern (ausgenommen Australien und die USA). Dies trägt zu einem vergleichsweise hohen Anteil an älteren Studierenden bei, was ein wichtiges Element der hohen Weiterbildungsbeteiligung in Schweden sein könnte. Auch in Dänemark und Finnland könnte dies zutreffen, wobei deren Finanzierungssysteme ansonsten anders ausgerichtet sind: In Dänemark bildet der Trainingsfonds ein Kernstück der Förderung; in Finnland gibt es die Möglichkeit, durch einen längeren Bildungsurlaub umfassendere Weiterbildungsmaßnahmen zu durchlaufen. Die Teilnehmenden können während der Zeit des Bildungsurlaubs zudem einen Zuschuss zur F. des Lebensunterhalts erhalten. Eine ähnliche Regelung gibt es z. B. in Österreich, wo die Förderung während der sog. Bildungskarenz dem Arbeitslosengeld entspricht. Beschäftigte haben dadurch die Möglichkeit, sich vom Arbeitgeber für eine Weiterbildung freistellen zu lassen und dennoch finanziell abgesichert zu sein. Zudem können sie nach der Weiterbildung an ihren „alten“ Arbeitsplatz zurückkehren.

In den meisten Ländern gibt es unterschiedliche Kombinationen von Finanzierungsmodellen; häufig handelt es sich um eine Mischung aus Zuschüssen an Unternehmen und Individuen, wobei die Zuschüsse für Unternehmen deutlich überwiegen, d. h. in mehr Ländern vorkommen. Daneben gibt es steuerrechtliche Regelungen, auch hier v. a. für Unternehmen, aber auch für Individuen.

Zur F. der betrieblichen Weiterbildung spielen umlagefinanzierte Trainingsfonds eine beträchtliche Rolle, wobei ihre Bedeutung und Anzahl jedoch sehr unterschiedlich ist. So gibt es in Frankreich und den Niederlanden eine Vielzahl an Fonds, die entweder regional und/oder branchenbezogen ausgerichtet sind. In anderen Ländern, wie Dänemark, gibt es einen übergreifenden Fonds, der alle Branchen umfasst. Diese Fonds speisen sich aus Beiträgen der Arbeitgeber und vereinzelt auch der Beschäftigten. Überwiegend fördern sie dabei die betrieblich orientierte Weiterbildung. Die Unternehmen können entweder ihre Weiterbildungskosten mit den Beiträgen verrechnen oder bekommen diese – i. d. R. anteilig – zurückerstattet.

Auch Gutschein- und Zuschussmodelle lassen sich in einer großen Zahl finden, wofür regionale Zuständigkeiten maßgeblich sind, insb. in Österreich, Italien und Deutschland. Meist wird dabei ein begrenzter Teil der Teilnahmeentgelte abgedeckt (z. B. bis zu 50 %) und bis zu einem Höchstbetrag (z. B. 500 €).

Betrachtet man die Zahl der Länder, in denen einzelne Modelle repräsentiert sind, dann sind die verschiedenen Formen des – bezahlten oder unbezahlten – Bildungsurlaubs in fast allen EU-Ländern vertreten.

Bemerkenswert ist, dass es nur in wenigen Ländern Weiterbildungsdarlehen gibt, die zudem meist auch eher den Hochschulbereich fokussieren, d. h. nur zum Studium genutzt werden können. Ausnahmen sind neben Schweden insb. Deutschland mit dem Aufstiegs-BAföG und England mit dem Adult Learning Loan, das vor ein paar Jahren die allgemeine Weiterbildungsförderung durch Zuschüsse weitgehend ersetzt hat. Frankreich hat vor einigen Jahren seine Regelungen in ein sog. Individual Learning Account überführt. Jedes Jahr werden 500 Euro, bei Geringqualifizierten 800 Euro, über einen Zeitraum von max. zehn Jahren auf dieses persönliche Konto eingezahlt. Das heißt, es ist eine Art staatlich finanziertes Ansparkonto, auf das die Individuen jederzeit zurückgreifen können. In den Niederlanden wurden zum Jahreswechsel 2021/22 die bisher geltenden Steuerregelungen abgeschafft und durch eine Art Budget ersetzt. Im Rahmen einer finanziellen Obergrenze von 1 Tsd. Euro pro Person können bis zu einer Gesamtbudgetobergrenze von 200 Mio. Euro Zuschüsse vergeben werden.

Länderübergreifend spielte die Europäische Union (EU) in den vergangenen zehn bis 15 Jahren eine besondere Rolle, da sie den Mitgliedsstaaten die Ko-F. ihrer Finanzierungsmodelle in der Weiterbildung anbot, wenn diese bestimmte Bedingungen berücksichtigten. Die meisten Länder dürften diese Gelegenheit genutzt haben. Umgekehrt stellt sich die Frage, ob bzw. in welchem Umfang es eine F. der Weiterbildung ohne diese EU-Ini­tiative gegeben hätte. Auch in den kommenden Jahren könnte die EU eine spezifische Rolle übernehmen, da im Jahr 2021 eine neue Finanzierungsinitiative vorbereitet wurde. Ob dabei am Ende tatsächlich eine neue Form eines Individual Learning Accounts entsteht, durch das Förderungsansprüche akkumuliert werden können, bleibt abzuwarten.

Zu (3). Bezüglich der Wirksamkeit der in die Finanzierungspraxis umgesetzten Finanzierungsmodelle lässt sich Folgendes festhalten: Eine aktuelle Studie der EU legt nahe, dass die Höhe der Weiterbildungsausgaben positiv mit der Weiterbildungsbeteiligung (Teilnahme an Erwachsenen- und Weiterbildung) korreliert. Ergänzend scheinen verschiedene Faktoren und insb. die Weiterbildungskultur und die Flexibilität der Finanzierungspraxis der Weiterbildung eine Rolle zu spielen. Je offener die Finanzierungsangebote genutzt werden können, desto höher ist tendenziell die Weiterbildungsbeteiligung; dies gilt auch bezogen auf die individuelle F. von Weiterbildung an Hochschulen für Personen, die sich erst in einem höheren Alter an der Universität einschreiben. Ob die Nutzung bestimmter Finanzierungsmodelle einen unmittelbaren bzw. nachweisbaren Bezug zur Weiterbildungsbeteiligung hat, ist hingegen unklar.

Dass es bisher kaum übergreifende Befunde zur Wirksamkeit der Weiterbildungsfinanzierung gibt, dürfte auch daran liegen, dass es jeweils eine große Bandbreite an unterschiedlichen Finanzierungsmodalitäten bei jedem einzelnen umgesetzten Modell gibt und auch die aus Elementen verschiedener Modelle zusammengesetzten Finanzierungssysteme heterogen sind. Hinzu kommt vermutlich auch, dass die meisten Modell­elemente nur auf bestimmte Teilgruppen von Unternehmen oder Individuen bzw. Teilsegmente des Weiterbildungsmarkts ausgerichtet sind.

Stattdessen sind möglicherweise Modellelemente, die in einem Land eine überragende Bedeutung haben, relevanter für die Weiterbildungsbeteiligung. In diese Richtung könnte z. B. die schwedische Finanzierungspraxis im Hinblick auf die hohe Weiterbildungsbeteiligung interpretiert werden. Da es jedoch auch eine Angebotsfinanzierung sowie eine betriebliche Unterstützung der Weiterbildung gibt, ist nicht ausgeschlossen, dass die Kombination von Elementen verschiedener Modelle der wesentliche Erklärungs­faktor ist.

Vor diesem Hintergrund könnte der Befund von Desjardin und Ioannidou (2020), dass eher institutionelle Faktoren einen positiven Einfluss auf die Weiterbildungsbeteiligung haben, eine plausible Erklärung liefern. Ergänzend dürfte aber auch das verfügbare Budget für die staatliche F. eine Rolle spielen, ebenso wie die Bekanntheit von Modell­varianten, wozu es aber weitgehend keine Studien gibt (Regulative der Weiterbildungsbeteiligung).

Wie komplex die Zusammenhänge zwischen Weiterbildungsfinanzierung und Weiterbildungsbeteiligung sind, lässt sich anhand einer Studie von Cordes und Dohmen (2019) für Deutschland zeigen. Ihr Vergleich der Bundesländer zeigt, dass ein Zusammenhang zwischen Förderintensität und Weiterbildungsbeteiligung nicht erkennbar ist – zumindest, wenn die kumulierte relative Anzahl der Förderfälle nach den wichtigsten Förderprogrammen zugrunde gelegt wird. Dies sind in Deutschland das Förderung-der-beruflichen-Weiterbildung(FbW)-Programm der Bundesagentur für Arbeit (BA), das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) (sofern dies für Weiterbildungszwecke i. w. S. genutzt wird), die Bildungsprämie und Bildungschecks auf Landesebene. Lediglich eine separate Betrachtung der Weiterbildungsgutscheine der BA ergibt eine geringe negative Korrelation, da dieses Instrument in den Ländern mit ansonsten geringer Weiterbildungsbeteiligung und höherer Arbeitslosigkeit stärker zum Einsatz kommt. Tatsächlich sagt dieses Ergebnis jedoch noch nichts über den Einfluss staatlicher Weiterbildungsförderung auf die Partizipation an Weiterbildung aus, da offen bleibt, in welchem Ausmaß innerhalb eines Landes eine kompensatorische Wirkung von der Förderung ausgeht. Aufschlussreicher ist die Erkenntnis, dass geschätzt nur etwa jede dreißigste Förderung aus nachfrageorientierten Mitteln besteht (ebd.), was deren begrenzte Reichweite aufzeigt. Relevante Einflussfaktoren auf eine Teilnahme an Weiterbildung sind stattdessen eher das Bildungsniveau, die Betriebsgröße, das verfügbare Nettoeinkommen (dies v. a. bei Meisterinnen und Meistern, Technikerinnen und Technikern sowie bei Personen mit einer dualen Ausbildung), die berufliche Stellung oder der Migrationsstatus (Cordes, Yelubayeva & Baumann, 2020).

In Deutschland steht eine generelle Neustrukturierung bzw. Weiterentwicklung der Weiterbildungsfinanzierung auf der Agenda: Einerseits betrifft dies die (bereits ausgelaufende) Bildungsprämie wie auch viele Länderinstrumente, die bisher über die EU finanziert wurden. Hier stellt sich die Frage, ob sie ersetzt und/oder mit eigenen Mitteln fortgesetzt werden. Andererseits steht die Weiterentwicklung der Weiterbildungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit in Richtung einer sog. Arbeitsversicherung an, wodurch Weiterbildung umfassender gefördert würde. Darüber hinaus hat die Ampel-Koalition die Weiterentwicklung des BAföG dahingehend angekündigt, dass die Altersgrenze heraufgesetzt und ggf. die Fokussierung auf ein Erststudium aufgeweicht werden kann.

Literatur

Desjardins, R. & Ioannidou, A. (2020), The political economy of adult learning systems – some institutional features that promote adult learning participation. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 43(2), 143–168.

Dohmen, D. & Timmermann, D. (2010), Financing adult learning in times of crisis (Background report for a DG Education and Culture conference, Oct. 18–19, 2010). Brüssel (BE): GHK.

Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie & Deutsches Institut für Erwachsenenbildung. (2013). Financing the adult learning sector (Studie i. A. der Europäischen Kommission/DG Education and Culture). Berlin: FiBS/DIE.

Sekmokas, M., Borunsky, L., Horgan, M., Ravet, J. & Nurminen, M. (2020), Workforce skills and innovation diffusion: trends and policy implications (R&I Paper Series, Working Paper 2020/01). Brüssel (BE): European Commission.

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