Controlling

Martin Brüggemeier

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-053

Das englische Wort controlling kann mit „steuern“ oder „regeln“ übersetzt werden. Als Begriff in der Betriebswirtschaftslehre bezeichnet C. einerseits ein Steuerungskonzept, das zu einer konsequenten Zielorientierung von Organisationen beitragen soll (funktionales Verständnis), andererseits einen organisationalen Teilbereich, der die Unternehmensführung mit entscheidungsrelevanten Informationen versorgt (institutionelles Verständnis). Der Zweck liegt jeweils darin, den Zielerreichungsgrad der Organisation zu erhöhen (Effektivität) und den Ressourceneinsatz auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsprinzips (Wirtschaftlichkeit) zu gestalten (Effizienz).

Ausgehend von einem funktionalen Verständnis geht es beim C. um die Aufgabe jeder Führungskraft, mithilfe von laufenden bzw. periodischen Informationsrückkopplungen in einem geschlossenen Regelkreis dafür zu sorgen, dass ein geplanter Realisationsgrad bzw. ein angestrebtes Ergebnis auch tatsächlich erreicht wird (Erfassung und Analyse von Soll-Ist-Abweichungen und ggf. frühzeitige Gegensteuerung). Beim institutionellen Verständnis umfasst das C. ein in der Praxis unterschiedlich ausgestaltetes Tätigkeits­spek­trum von entsprechendem Fachpersonal mit den Aufgaben der Planung, Steuerung und Kontrolle. Hierzu nutzt es insb. die Instrumente der Kosten- und Leistungsrechnung und der auf Key Performance Indicators (KPI) fokussierten und ggf. zu multiperspektivischen Balanced Scorecards ausgebauten Kennzahlen- und Indikatorensysteme (einschließlich Benchmarking) sowie der Budgetierung und des Berichtswesens. Mittels Informationsermittlung und -aufbereitung unterstützt es die Unternehmensführung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

Beim C. in Weiterbildungseinrichtungen sind sämtliche Informationen führungsrelevant, die sich auf die Planung, Realisierung, Auswertung und Optimierung von Weiterbildungsprozessen und -ergebnissen beziehen, unabhängig davon, in welchen institutionellen Kontexten diese durchgeführt bzw. angeboten werden. Insb. bei der betrieblichen Weiterbildung ist oft auch spezifischer von „Bildungscontrolling“ die Rede (Bildungsökonomie).

Die Rolle des Controllings wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur oft anschaulich mit der eines (navigierenden) Beifahrers oder einer Fluglotsin verglichen, neuerdings auch etwas diffuser als „Businesspartner“ bezeichnet. Da vielschichtige Verteilungs- und Interessenkonflikte bei zugleich asymmetrisch verteilter Information bei der Führung einer Organisation bewältigt werden müssen (sog. Agenturproblem), kann das C. aber auch als eine organisatorisch institutionalisierte Maklerinstanz gedeutet werden. Aus dieser Perspektive erfüllen Controllerinnen und Controller eine integrierte Informations- und Vermittlungsfunktion, die dazu beiträgt, den spezifischen Transparenz-, Konsens- und Legitimationsbedarf an den Schnittstellen der Machtbeziehungen im Führungssystem zu befriedigen. In Weiterbildungseinrichtungen und in der betrieblichen Personalentwicklung kommt es dabei darauf an, insb. die pädagogischen (Fachcontrolling) und die ökonomischen Zielsetzungen (Finanzcontrolling) sowie die jeweils dahinterstehenden unterschiedlichen Rationalitäten und Interessen so in Einklang zu bringen, dass der zugeschriebene Erfolg und damit auch die Ressourcenausstattung und der Fortbestand der jeweiligen Organisation oder Abteilung nachhaltig gesichert werden kann. Dies macht deutlich, dass das C. unabhängig von der konkreten Ausrichtung und Ausgestaltung des Zielsystems (z. B. Gewinnerzielung vs. pädagogischen Nutzen) als ein elementarer Bestandteil einer verantwortungsvollen Leitung einer Weiterbildungseinrichtung zu betrachten ist (Bildungsmanagement; Leitung – Management).

C.-Konzepte und -Instrumente aus dem privatwirtschaftlichen oder öffentlichen Bereich sind jedoch oft implizit mit einer zielspezifischen Handlungs- und Entscheidungslogik behaftet. Eine sinnvolle Nutzung von C. in Weiterbildungseinrichtungen setzt daher voraus, dass diese konkret auf deren Zielkonstellationen zugeschnitten werden. Bei einer unreflektierten Übernahme von C.-Konzepten und -Instrumenten besteht ansonsten das Risiko einer schleichenden Zielverschiebung und anderer nicht intendierter Effekte. Zur Sicherung von Qualitätszielen (Qualität) liegt es überdies nahe, Qualitätsmanagement und C. eng miteinander zu verknüpfen.

Grundsätzlich bleibt Skepsis gegenüber dem C. angebracht, soweit mit ihm triviale Vorstellungen bezüglich der Steuerung von Bildungsprozessen verbunden sind. Die Subjekt-, Kontext- und Situationsabhängigkeit – und damit immer auch partielle Unverfügbarkeit –
ist jedoch kein Spezifikum von Bildungsprozessen, sondern haftet auch vielen anderen (Dienst-)Leistungsprozessen an, für deren Steuerung dennoch nicht auf C. verzichtet wird. Aus systemischer Perspektive erweist sich gleichwohl die ausgeprägte Planungsorientierung des Controllings in der sog. VUCA-Welt (Volatility-Uncertainty-Complexity-Ambiguity) als kritisch. So ist Erwachsenen- und Weiterbildung insb. für das Gelingen der digitalen Transformation von Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Gesellschaft zwar in hohem Maße systemrelevant. Aber das Streben nach möglichst zielgenauer Ausrichtung und monetärer Bewertung der erreichten Wertschöpfungsbeiträge im Rahmen des Controllings trifft dabei nicht nur auf methodische Herausforderungen. Angesichts zahlreicher unvorhersehbarer – und damit unplanbarer – Entwicklungen stößt es auch an systemische Grenzen. Die Funktionalität des Controllings im Bereich der Erwachsenen- und Weiterbildung wird sich künftig insb. darin erweisen, inwieweit es gelingt, eine stärkere Potenzial- und organisationale Lernorientierung zu unterstützen (Organisationsentwicklung) und zu einer Kompensation des Selektionsrisikos der Planung beizutragen.

Literatur

Brüggemeier, M. (1998). Controlling und Reformbestrebungen in öffentlichen Weiterbildungsorganisationen: Erweiterung statt Rationalisierung der Rationalität. Hessische Blätter für Volksbildung, 48(1), 41–55.

Friedrich, K., Meisel, K. & Schuldt, H. J. (2005). Wirtschaftlichkeit in Weiterbildungseinrichtungen (Reihe Studientexte für Erwachsenenbildung, Bd. 1, 3., überarb. Aufl.). Bielefeld: W. Bertelsmann.

Hirsch, B., Weber, J. Gisch, C., Zubler, S. & Erfort, M. (2012). Controlling in öffentlichen Institutionen. Berlin: Erich Schmidt.

Krieger, M., Dubsky, A. & Hilbert, P. (2020). Weiterbildung im Unternehmen, Strategie – Prozesse – Controlling (2., überarb. u. akt. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler.

Schöni, W. (2018). Bildungscontrolling. In M. Gessler & A. Sebe-Opfermann (Hrsg.), Handlungsfelder des Bildungsmanagements. Ein Handbuch (2., überarb. Aufl., S. 341–377). Hamburg: tredition.

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