Bibliotheken

Carola Schelle-Wolff

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-033

B. sind als Dienstleistungsorganisationen in der Wissensgesellschaft von besonderer Bedeutung für Ausbildung, Wissenschaft, Forschung, Lehre und Weiterbildung. B. sichern den Zugang zu Bildungsquellen sowie allgemeinen und wissenschaftlichen Informationen, indem sie gedruckte oder digitale Werke sammeln, bewahren, erschließen, präsentieren und vermitteln, und sie sorgen durch Vernetzung für die lokale und überregionale Literatur- und Informationsversorgung.

B. werden von öffentlichen Trägern (Bund, Länder, Städte, Gemeinden), der katholischen und evangelischen Kirche sowie von privaten Trägern unterhalten. Neben der Deutschen Nationalbibliothek mit Standorten in Frankfurt a. M. und Leipzig finanziert der Bund B. in seinen Behörden und über Forschungsförderungen zahlreiche Spezialbibliotheken. Die Bundesländer sind Träger der Hochschul-, Staats- und Landesbibliotheken sowie der B. ihrer Behörden. Städte und Gemeinden unterhalten öffentliche B., die Medien für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen anbieten und somit einen wichtigen Beitrag zur Leseförderung und Verbreiterung der Bildungschancen leisten (öffentliche Verantwortung). Ein gut funktionierendes Bibliothekswesen, das allen Einwohnerinnen und Einwohnern Zugang zu Wissen und Informationen ermöglicht und Bildungsprozesse unterstützt, befördert zugleich die Erwachsenen- und Weiterbildung. Jedoch sind die Bedingungen in den Städten trotz zunehmend digitaler Angebote ungleich besser als auf dem Land.

Besonders die kommunalen B. sind Anlaufstellen, die lebenslanges Lernen (lifelong learning) ermöglichen. Geschichtlich sind öffentliche B. eng mit der Volksbildungsbewegung verbunden. Seit Mitte des 19. Jh. etablieren sich B. durch die Initiative von liberalen Vereinen und Kirchen sowie durch die Arbeiterbewegung. Die Idee öffentlich zugänglicher B. entwickelte sich unter dem Einfluss der amerikanischen Public Libraries. Oft entstanden durch Zusammenlegung von wissenschaftlichen Stadtbibliotheken und Volksbüchereien weltanschaulich neutrale, für jedermann zugängliche Einheitsbibliotheken, die ein breites Sortiment an Büchern zur Bildung und Unterhaltung boten. Im Zuge der Bestrebungen zur Wissenspopularisierung (Popularisierung) und der Einrichtung von Volkshochschulen in der ersten Hälfte des 20. Jh. fiel auch den B. eine wichtige Rolle zu; die beiden Volksbildungseinrichtungen entwickelten sich jedoch unabhängig voneinander.

B. stellen analoge und lizensierte digitale Medien zur allgemeinen Nutzung, E-Learning-Plattformen (digitales Lernen) zur individuellen Weiterbildung und den Zugang zu Forschungsdaten (Forschungsinfrastrukturen) bereit. Die fortschreitende Digitalisierung urheberrechtsfreier Werke durch B., die Bereitstellung elektronischer Volltexte und Daten ermöglichen ortsunabhängig den breiten Zugang zu Wissensinhalten. In Reaktion auf Veränderungen in der demokratischen Gesellschaft modifizieren und diversifizieren sie ihr Angebot, verbessern die Zugänglichkeit und vernetzen sich mit Institutionen im Bildungs- und Kultursektor (Netzwerke – Kooperationen).

Die B. als Orte erfahren einen Bedeutungswandel von Wissensspeichern mit individuellem Sammlungsprofil und -bestand hin zu Knoten im Informationsnetz: Als „dritte Orte“ in der Kommune oder Hochschule haben sie sich zu lebendigen Lernorten und Treffpunkten entwickelt. Mit Forschungs- und Lernumgebungen und dem Remote-Zugriff auf ihre Datenbanken rund um die Uhr bieten B. Dienstleistungen jenseits räumlicher Grenzen (Raum), und mit ihrem anwendungsbezogenen Vermittlungsangebot im Bereich Medienkompetenz (Kompetenz) fördern sie den kompetenten und kritischen Umgang mit Daten und Inhalten.

Literatur

Seefeldt, J. & Syré, L. (2017). Portale zu Vergangenheit und Zukunft. Bibliotheken in Deutschland. Hildesheim: Georg Olms.

Rösch, H., Seefeldt, J. & Umlauf, K. (2019). Bibliotheken und Informationsgesellschaft in Deutschland. Eine Einführung (3., überarb. u. erw. Aufl.). Wiesbaden: Harrassowitz.

Jochum, U. (2017). Kleine Bibliotheksgeschichte (4. Aufl.). Stuttgart: Reclam.

Bezugswissenschaften
Bildung – Allgemeinbildung