Supportstrukturen

Ekkehard Nuissl

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-263

Unter S. werden infrastrukturelle Leistungen im Vor- und Umfeld von Erwachsenen- und Weiterbildung verstanden, neuerdings auch im Zusammenhang mit informellem Lernen jenseits organisierter Angebote (formale – non-formale – informelle Bildung). S. sind in den vergangenen drei Dekaden immer wichtiger geworden, da sich immer mehr Erwachsene weiterbilden und das Angebot an Maßnahmen umfangreicher und unübersichtlicher wurde. Das Spektrum an S. hat sich seit den 2000er Jahren ständig erweitert und liegt auf verschiedenen Ebenen. Der Begriff S. wird kaum mehr gebraucht, auch wenn er am klarsten benennt, was gemeint ist: eine strukturelle Unterstützung alles dessen, was an Erwachsenen- und Weiterbildung geschieht.

Die wichtigsten S. sind für die Lernenden entwickelt. Dazu gehören (1) Informationen über Weiterbildungsangebote, (2) Beratungen (sowohl Bildungsberatung als auch Lernberatung), (3) Qualitätssicherung (der Angebote und der Anbieterorganisationen), (4) Evaluationen der Lernprozesse und (5) Angebote sowie Qualifizierungen des Weiter­bildungspersonals.

Zu (1). Informationen zur Weiterbildung liefern insb. Weiterbildungsdatenbanken (Forschungsinfrastrukturen). In Deutschland gibt es mittlerweile über 100 dieser Datenbanken, von denen etwa die eine Hälfte bundesweit, die andere Hälfte regional aktiv sind. Dabei überwiegen Datenbanken, die sich auf Angebote der beruflichen Bildung (Berufsbildung) und beruflichen Weiterbildung beziehen, v. a. die World-Programming-System(WPS)-Datenbanken des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) und die KURSNET-Datenbank der Bundesagentur für Arbeit. Regionale Datenbanken existieren vielfach auf Bundeslandebene, z. B. jene des Bundeslands Nordrhein-Westfalen oder jene in der Trägerschaft des Vereins Weiterbildung Hamburg. Konzeption, Reichweite und Zugang der Datenbanken sind sehr unterschiedlich und befinden sich vielfach in einer fortwährenden Entwicklung. Zu den Informationen zählen auch Statistiken (z. B. der Daten- und Auswertungsservice Volkshochschul- und Verbund-Statistik des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung; Widany et al., 2020) oder vergleichende Erhebungen (z. B. die Haushaltserhebung im Rahmen der EU-Statistiken zum lebenslangen Lernen Adult Education Survey, AES).

Zu (2). Beratungen (Beratung im Kontext lebenslangen Lernens) zur Teilnahme an Weiterbildung (Schiersmann & Remmele, 2004) sind vielfach verbunden mit bestehenden Datenbanken und Informationssystemen, deren Nutzung bei vielen Personengruppen unterstützt werden muss. Weiterbildungsangebote sind i. d. R. ein zu erklärendes Produkt, dem gegenüber in der Beratung auch Zugangs- und Schwellenängste abgebaut werden können. Insb. eine intensivere Klärung der Lerninteressen über die Beratung verbessert die Passung zwischen Weiterbildungsangeboten und Teilnehmererwartungen.

Zu (3). Qualitätssicherung (Qualität) ist seit Beginn der 1990er Jahre in breitem Umfang in der Weiterbildung üblich geworden. Sie dient der Produktsicherheit für die Teilnehmenden. Es existieren unterschiedliche Systeme der Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle, z. B. das Total Quality Management (TQM), die Zertifizierung nach DIN ESO 9000ff., aber auch staatliche Anerkennungs- und Zulassungsverfahren sowie trägerspezifische und regionale Formen der Selbstkontrolle (z. B. das „Gütesiegel“ in Hamburg).

Zu (4). Zur Qualitätssicherung zählen auch unterschiedliche Formen der Evaluation der Angebote, die eine Beurteilung durch die Teilnehmenden wie auch aufwändigere externe Verfahren umfassen.

Zu (5). Die Aus- und Fortbildung des Weiterbildungspersonals (Weiterbildung der Weiterbildenden) hat in den vergangenen Dekaden an Bedeutung gewonnen, auch unterstützt durch europäische Initiativen. Sie dient einer Grundqualifizierung des Personals in einem Bereich, der nur in kleinen Teilen Zugangsbarrieren aufweist, und sie dient auch der Fortbildung des Personals in Bereichen, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Zu Letzteren zählen insb. Tätigkeiten der Lernberatung, Lehrtätigkeiten (Lehren) in modifizierten und medialen Settings, digitales und online Lehren. Trägerübergreifend entwickelte Qualifizierungssysteme existieren seit längerem in der Schweiz und in Österreich. In Deutschland befindet sich ein solches seit 2020 in der Implementation.

Zu diesen fünf Bereichen kommen S. in Bezug auf Material- und Curriculumentwicklung (Curriculum), Forschung, Werbung (Marketing; Öffentlichkeitsarbeit) sowie Leitung und Management, die in unterschiedlicher Intensität hauptsächlich in den pluralen Strukturen der Weiterbildung (Verbände, Organisationen) und öffentlichen Einrichtungen (Hochschulen) angesiedelt sind. Eine in Europa einzigartige Institution für den Support in der Weiterbildung ist das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung in Bonn, das unterschiedliche Dienstleistungen (z. B. Literaturrecherche, Forschungslandkarte, Handreichungen, Checklisten, Portale wie wb-web) vorhält (z. B. Widany et al., 2021).

Literatur

Faulstich, P. (2010). Supportstrukturen. In R. Arnold, S. Nolda & E. Nuissl (Hrsg.), Wörterbuch Erwachsenenbildung (2., überarb. Aufl., S. 276–278). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Schiersmann, C. & Remmele, H. (2004). Beratungsfelder in der Weiterbildung. Eine empirische Bestandsaufnahme (Reihe Grundlagen der Berufs- und Erwachsenenbildung, Bd. 38). Baltmannsweiler: ­Schneider.

Widany, S., Reichart, E., Ambos, I. & Huff, M. (2020). Datennutzung der VHS- und Verbundstatistik. Potenziale für Bildungsforschung, -politik und -praxis. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 43(1), 75–95.

Widany, S., Reichart, E., Christ, J. & Echarti, N. (Hrsg.). (2021). Trends der Weiterbildung. DIE-Trendanalyse 2021 (Reihe DIE Survey. Daten und Berichte zur Weiterbildung, Bd. 10). Bielefeld: wbv Publikation.

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