Mediation – Konfliktberatung

Christiane Schiersmann

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-194

Dass Konflikte in der Weiterbildungspraxis auftauchen, z. B. zwischen den Teilnehmenden eines Seminars, zwischen Teilnehmenden und Dozierenden, zwischen Dozierenden, zwischen hauptamtlich pädagogisch Mitarbeitenden, in Projektgruppen, in Teams oder in der Gesamtorganisation, ist grundsätzlich nicht bedrohlich, sondern alltäglich. Ausschlaggebend ist die Einstellung zu Konflikten sowie die Fähigkeit, sie konstruktiv zu bearbeiten.

Es existieren unterschiedliche Definitionen von „Konflikt“. Im Folgenden wird dann von einem „Konflikt“ gesprochen, wenn – über eine bloße Meinungsverschiedenheit hinaus –
entweder von beiden Konfliktparteien oder auch nur von einer Konfliktpartei die Beziehung auf der Denk-, Gefühls- und/oder Handlungsebene als beeinträchtigt bzw. belastend empfunden wird. Es gibt verschiedene Versuche, Konflikttypen zu identifizieren (z. B. Wert- bzw. Ziel-, Rollen-, Beurteilungs-, Interessen- oder Verteilungskonflikte). Derartige Systematisierungsversuche helfen bei der Analyse der jeweiligen Konfliktsituation. Ihr praktischer Nutzen ist gleichwohl begrenzt, denn häufig spielen in einer konkreten Situation verschiedene Konfliktarten gleichzeitig eine Rolle. Um der Vielschichtigkeit eines Konflikts gerecht zu werden, ziehen Redlich und Mironov (2003, S. 267) die Konsequenz, Konflikte als einmalige Konstellation vieler unterschiedlicher Einflussgrößen zu betrachten.

Glasl (2017) hat für die Analyse von Konflikten ein viel beachtetes Schema entwickelt, das neun Stufen umfasst. Auch wenn es vielleicht nicht immer einfach ist, diese Stufen in der Praxis genau zu unterscheiden, so sind insb. folgende Überlegungen aufschlussreich: Bei den Stufen 1 bis 3 (Verhärtung, Debatte, Polemik und Taten statt Worte) können die Betroffenen die Bearbeitung und Lösung des Problems eigenständig in Angriff nehmen. Bei den Stufen 4 bis 6 (Images und Koalitionen, Gesichtsverlust, Drohstrategien), auf denen die Positionen schon stärker verhärtet sind, ist externe professionelle Hilfe notwendig, z. B. Beratung, Supervision oder Mediation. Bei den Stufen 7 bis 9 (begrenzte Vernichtungsschläge, Zersplitterung, gemeinsam in den Abgrund) ist es nicht mehr möglich, Lösungen auf einer Gesprächsebene zu finden. Hier hilft dann nur noch ein Machtentscheid auf rechtlicher Basis. Diese Einsicht kann eine entlastende Wirkung erzeugen, weil sie deutlich macht, dass es bei diesen Eskalationsstufen nicht an der mangelnden Kommunikationsfähigkeit einzelner Personen liegt, wenn ein Konflikt nicht gelöst wird.

Für den Prozess der Bearbeitung von Konflikten gibt es in der Fachliteratur verschiedene Phasenmodelle, die jedoch große Übereinstimmungen aufweisen: Nach der Klärung der Rahmenbedingungen geht es um eine Analyse der konkreten Konfliktsituation, die anschließende Entwicklung gemeinsam getragener Zielperspektiven, die Sammlung von Lösungsideen, die Entscheidung für bestimmte Veränderungsschritte, deren Umsetzung und Evaluation (Schiersmann & Thiel, 2018, S. 423–433).

Wichtig für eine für beide Parteien erfolgreiche Konfliktlösung (Win-win-Situation) ist es, in den einzelnen Phasen jeweils verhärtete Positionen zu öffnen, dahinterliegende Interessen und Bedürfnisse herauszuarbeiten und am Ende eine Lösung zu beschließen (Redlich, 2009, S. 118). Um Positionen in Bewegung zu bringen, ist es hilfreich, dass die Parteien vorübergehend die Perspektive der anderen beteiligten Personen einnehmen.

Bei der M. handelt es sich um eine stark formalisierte Unterstützung der Lösung verhärteter Konflikte unterhalb einer gerichtlichen Ebene. Die Konfliktparteien werden dabei von unabhängigen, „allparteilichen“ Personen (Mediatorinnen oder Mediatoren) in ihrem Lösungsprozess begleitet. Zunächst wurde dieses Verfahren bei Problemen in der Ehescheidung eingesetzt, um den Beteiligten rechtliche Verfahren zu ersparen. Inzwischen ist es in vielen weiteren Bereichen etabliert (z. B. Wirtschaftsmediation). Dabei sind verschiedene Konzepte für das konkrete Vorgehen entstanden. So unterscheidet bspw. Friedrich Glasl (2009, S. 223) zwischen einem „Problem-bezogenen“, einem „Vision-geleiteten“ und einem „Prozess-folgenden“ Modell.

Literatur

Glasl, F. (2009). Nachwort. In F. Bannink (Hrsg.), Praxis der Lösungs-fokussierten Mediation. Konzepte, ­Methoden und Übungen für MediatorInnen und Führungskräfte (S. 221–242). Stuttgart: Concadora.

Glasl, F. (2017). Selbsthilfe in Konflikten: Konzepte – Übungen – Praktische Methoden (8. Aufl.). Stuttgart: Freies Geistesleben.

Redlich, A. (2009). KonfliktModeration in Gruppen. Hamburg: Windmühle.

Redlich, A. & Mironov, E. (2003). Die Handhabung von Konflikten im Rahmen von Teamentwicklung. In S. Stumpf & A. Thomas (Hrsg.), Teamarbeit und Teamentwicklung (S. 265–296). Göttingen: Hogrefe.

Schiersmann, C. & Thiel, H.-U. (2018). Organisationsentwicklung. Prinzipien und Strategien von Veränderungsprozessen (5., überarb. u. akt. Aufl.). Wiesbaden: Springer VS.

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