Marketing

Svenja Möller

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-193

M. ist ein wirtschaftswissenschaftlicher Begriff und hat seinen etymologischen Ursprung im angelsächsischen Gerundium des Verbs „absetzen, vermarkten“. Ab Ende der 1960er Jahre fand er im deutschsprachigen Raum Eingang in die Betriebswirtschaft zur Bezeichnung aller strategischen, operativen und prozessualen Maßnahmen zur Beeinflussung des Absatzes von Produkten und Dienstleistungen (Absatzpolitik).

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in den westlichen Industrienationen die typische Situation eines Verkäufermarkts, d. h. die Nachfrage war größer als das Angebot. In den 1960er Jahren begann sich der Markt zu wandeln, sodass in den 1970er Jahren ein Überangebot an Waren zu verzeichnen war (Käufermarkt) und verkaufsfördernde Marketingmaßnahmen entwickelt wurden. Mit dem Generationenwechsel an den Hochschulen und der Kritik aus der Studentenbewegung in den USA kam die kommerzielle Marketinglehre Anfang der 1970er Jahre unter Legitimationszwang. Dies hatte eine Erweiterung und Vertiefung des Marketings zur Folge (z. B. M. für Non-Profit-Organisationen, Social M., Bildungsmarketing).

Die ersten theoretischen Auseinandersetzungen mit M. im Bereich der Erwachsenen- und Weiterbildung reichen bis in die 1970er Jahre zurück. Mit ihrem ablauflogischen Entscheidungsmodell entwickelten Sarges und Haeberlin (1980) das erste Marketingkonzept für Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Aufgrund ihrer fast ausschließlich öffentlichen Finanzierung besaßen die Volkshochschulen (vhs) bis Ende der 1980er Jahre ein weitestgehendes Monopol. Dieses brach mit der Zunahme privater Weiterbildungsanbieter auf, sodass (auch aufgrund der Reduktion öffentlicher Zuschüsse) eine Orientierung am Markt erfolgte. Aufgrund dieser neuen Marktsituation erlebte die Rezeption des Marketings in Weiterbildungsorganisationen Anfang der 1990er Jahre einen Boom. Diese Rezeption verlief sowohl in Phasen als auch in verschiedenen Ausprägungen. So wird in diesem Kontext die implizite, die explizite, die disparate, die partielle und die bestrittene Rezeption unterschieden (Möller, 2011). Insb. die partielle Rezeption überwog, sodass Öffentlichkeitsarbeit und Werbung (als Elemente einer Marketingstrategie) mit M. gleichgesetzt wurden. Seit Anfang des 21. Jh. mehren sich empirische Untersuchungen zum M. in der Weiterbildung, insb. an vhs.

Wenngleich weder eine einheitliche Begrifflichkeit noch eine einheitliche Strategie für M. existiert, so besteht zumindest Einigkeit darüber, welche Aktivitäten zu einer Marketingkonzeption gehören und dass diese geplant und strategisch vonstatten gehen sollen. Hierzu gehören das Marketingzielsystem, die Marktsegmentierung, der Mix aus Marketinginstrumenten (Angebots-, Produkt- oder Programm-, Preis- oder Gegenleistungs-, Kommunikations- sowie Distributionspolitik), die Marketingorganisation und die Marketingkontrolle. Ausgangspunkt einer jeden Marketingplanung ist die Definition des Produkts. Im Weiterbildungsbereich tauchen hierbei jedoch neuralgische Probleme auf, da das „Produkt“ Bildung im Vergleich zu anderen (Konsum-)Produkten oder Dienstleistungen spezifische Besonderheiten aufweist.

In den vergangenen zehn Jahren tritt zur Gewinnung von Teilnehmenden verstärkt das Online-M. in vielfältigen Facetten in Erscheinung. Auf Organisationsebene findet der Teilbereich des Social-Media-M. (also das M. über Plattformen zur digitalen Vernetzung und Kommunikation) seine Einsatzfelder bei der Gestaltung von Websites sowie bei der Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram oder von Mikroblogging-Diensten wie Twitter. Auf Dozentenebene fördern Videoportale wie Youtube durch Videos mit Tutorials als Marketingkanal die Kundenbindung. HTTP-Cookies (also kleine Textdateien, die der Webbrowser auf dem Computer speichert) finden zur Gewinnung von Nutzerdaten inzwischen überall Verwendung.

Wenngleich sowohl die Verwendung des Begriffs M. als auch die Adaption der Marketinglehre in Weiterbildungsorganisationen diskussionswürdig sind, so ist die Thematik bei der Aus- und Weiterbildung von Erwachsenenbildenden inzwischen lehr- und prüfungsrelevant. Zwar gehörten Fragen der Gewinnung neuer Teilnehmerkreise, des Ausbaus des Weiterbildungsangebots (Angebot) usw. schon jeher zum Repertoire von in der Erwachsenenbildung Tätigen, doch ist die Realisation einer Marketingstrategie aufgrund ihrer ökonomischen Zielrichtung noch immer kein genuiner Bestandteil der Erwachsenenbildungspraxis, sondern eine Ergänzung.

Literatur

Möller, S. (2011). Marketing in der Erwachsenenbildung (Reihe Studientexte für Erwachsenenbildung, Bd. 15). Bielefeld: W. Bertelsmann.

Sarges, W. & Haeberlin, F. (1980). Marketing für die Erwachsenenbildung. In W. Sarges & F. Haeberlin (Hrsg.), Marketing für die Erwachsenenbildung. Hannover: Schroedel.

Schöll, I. (2018). Marketing in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (Reihe Springer Reference Sozialwissenschaften, 6., überarb. u. akt. Aufl., Bd. 2, S. 1473–1493). Wiesbaden: Springer VS.

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