Kursleitende – Trainer – Beratende

Andreas Martin

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-168

K., T., B. bezeichnen jeweils eine unscharf abgegrenzte Menge des gesamten Weiterbildungspersonals (Personal) und weisen eine Reihe von Überschneidungen auf. K. und T. können dabei synonym für Lehrende bzw. Dozierende aufgefasst werden. Die Unschärfe des jeweiligen Begriffsumfangs ergibt sich v. a. aus den sehr heterogenen Tätigkeitsprofilen von Erwachsenenbildenden sowie aus den unterschiedlichen Selbstverständnissen, welche insb. über die verschiedenen Kontexte variieren. Nach den Ergebnissen des ­wb-personal­monitors sind nur 28,7 Prozent der Erwerbstätigen in der Weiterbildung ausschließlich in einem Tätigkeitsfeld (z. B. Lehren) aktiv; 58 Prozent hingegen kombinieren unterschiedliche Aufgaben und Tätigkeiten zu einem spezifischen Arbeitsprogramm (Autorengruppe wb-personalmonitor, 2016). Dabei kann es sich z. B. um Tätigkeiten der Programmplanung, des Controllings, des Managements (Bildungsmanagement;Leitung – Management), des Marketings, der Weiterbildungsberatung (Beratung im Kontext lebenslangen Lernens), der Projektakquise oder der Teilnehmerbetreuung handeln. Nur 13,3 Prozent der Erwerbspersonen in der Weiterbildung üben keinerlei Lehrtätigkeit aus (ebd.). Noch deutlicher zeichnet sich dieses Bild im Tätigkeitsbereich der Beratung ab. Insgesamt üben etwa 29 Prozent aller Erwerbstätigen in der Weiterbildung eine Beratungstätigkeit aus, aber nur knapp 1 Prozent aller Erwerbstätigen in der Weiterbildung geht dieser Tätigkeit ausschließlich nach (ebd.). Die übrigen Beratenden kombinieren ihre Tätigkeit mit anderen Aufgaben, am häufigsten mit Lehre
(78,5 Prozent).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigungen in der Weiterbildung oftmals nicht die einzigen Erwerbstätigkeiten der betreffenden Personen darstellen und zumeist nur Nebentätigkeiten sind. Letzteres trifft für etwa 50 Prozent des gesamten Weiterbildungspersonals zu; bei Personen mit einem Lehranteil im Tätigkeitsprofil sind es 56 Prozent, bei Personen die auch beratend tätig sind, sind es 25 Prozent. Somit ist nicht nur der objektive Begriffsumfang unscharf; auch das berufliche Selbstverständnis ist häufig nicht eindeutig. Sowohl die Personen, die in der Weiterbildung tätig sind, als auch die (Weiterbildungs-)Organisationen, in denen sie diese Tätigkeit ausüben, definieren sich oft nicht über die Weiterbildung (Schmiedel, Schneider & Vollmer, 2010).

Ungeachtet der begrifflichen Unschärfe wird insb. dem lehrenden Personal eine besondere Bedeutung für die Professionalisierung der Weiterbildung zugeschrieben (Martin & Schrader, 2021). Diese Bedeutung wird v. a. im Kontext von zwei zentralen Zugangspunkten empirisch untersucht. Zum einen werden die Arbeits-, Beschäftigungs- und Lebensbedingungen des Weiterbildungspersonals und deren Bedeutung für die Professionalität der Tätigkeitsausübung diskutiert (1), zum anderen stehen insb. dessen Qualifikationen und Fortbildungsverhalten (Fortbildung) im Fokus (2).

Zu (1). Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sind in hohem Maße durch die Strukturen des Teilarbeitsmarkts der Weiterbildung bedingt. Typisch für die Weiterbildung ist ein unstrukturierter Arbeitsmarkt mit hoher externer numerischer Flexibilität (Krause, 2018) und ein nur geringfügig ausgeprägtes internes Arbeitsmarktsegment. Dies wirkt sich insb. auf die Beschäftigungs- und Erwerbsformen des (lehrend und/oder beratend tätigen) Weiterbildungspersonals aus. Der weit überwiegende Teil des gesamten Weiterbildungspersonals wird über Honorarverträge beschäftigt, ist also – formal – selbstständig bzw. freiberuflich tätig (Personalrekrutierung). Diese große Bedeutung von Honorarkräften ist ein für die Weiterbildung prägendes Strukturmerkmal, anhand dessen sich das Tätigkeitsfeld sowohl von allen anderen Bildungsbereichen als auch von fast allen anderen Berufen und Branchen unterscheidet. Die Honorarkräfte werden in der Weiterbildung insb. für die Durchführung von Lehrveranstaltungen eingesetzt. Beratende Tätigkeiten, Programmplanung, Personalentwicklung und andere Managementaufgaben hingegen werden zum großen Teil von Angestellten übernommen. Die Solo-Selbstständigkeit wird in der Weiterbildungsforschung häufig als eine für professionelle Tätigkeitsausübung typische Freiberuflichkeit interpretiert (Nittel, 2011), jedoch ist ein hoher Anteil dieser Honorarkräfte nur bei einem Weiterbildungsanbieter beschäftigt. Auch bei den hauptberuflich lehrenden Honorarkräften arbeitet ein großer Teil nur für einen Anbieter. Häufig sind Solo-Selbstständige zudem nicht renten- und/oder arbeitslosenversichert (Martin & Schrader, 2021), was eher auf eine Scheinselbstständigkeit hindeutet und weniger auf Freiberuflichkeit, wie sie für andere Professionen typisch ist. Auch der im Vergleich zu anderen Berufen geringe Anteil an Hauptberuflichkeit ist kein Ausweis ausgeprägter Professionalität. Tatsächlich ist die Hauptberuflichkeit in der Weiterbildung ein „Armutsrisiko“ (Martin & Schrader, 2021), obgleich Erwerbstätige in der Weiterbildung insgesamt nicht von Armut bedroht sind (ebd.). Dies deutet darauf hin, dass Weiterbildung noch immer ein stark auf Nebentätigkeit ausgerichtetes Beschäftigungssystem ist, auch wenn die Möglichkeiten für eine hauptberufliche Tätigkeitsausübung historisch betrachtet gestiegen sind. Dennoch wird die Erwerbstätigkeit in der Weiterbildung dann zu einem Risiko, wenn Erwerbstätige versuchen, ihren Lebensunterhalt ganz oder hauptsächlich mit einer solchen Tätigkeit zu bestreiten. Aufgrund des hohen Angebots an Teilzeitstellen ist die Weiterbildung zudem ein attraktiver Arbeitsbereich für Erwerbspersonen, die (z. B. aus familiären Gründen) nur eine Teilzeitbeschäftigung suchen (ebd.).

Zu (2). Der zweite zentrale Zugang zur Professionalität von Lehrenden und beratend Tätigen in der Weiterbildung stellen deren formalen Qualifikationen sowie deren Fort- und Weiterbildungsverhalten dar (Weiterbildung der Weiterbildenden). Diese Aspekte können jedoch eher als annähernde Messgrößen der tatsächlichen Kompetenzen aufgefasst werden, deren Erforschung in den meisten Dimensionen – insb. aber in Bezug auf das pädagogisch-psychologische Wissen und die (fach-)didaktischen Kompetenzen in der Weiterbildung – noch ein Desiderat darstellt und erst in jüngerer Zeit auch quantitativ erfolgt (Marx et al., 2018). Im Zentrum stehen dabei zwei Kennzahlen der formalen Qualifikation: Dies ist zum einen der Anteil von lehrenden Erwerbspersonen mit einem Hoch- oder Fachhochschulabschluss und zum anderen der Anteil an lehrenden Erwerbspersonen mit einem pädagogischen Studienabschluss. Die Verteilung dieser Merkmale lässt sich als 3/3-Regel einprägen: Etwa ein Drittel hat keinen akademischen Abschluss (hat also eine Lehre absolviert, einen Meister- oder Technikerabschluss oder überhaupt keinen Berufsabschluss), ein Drittel hat ein Studium ohne pädagogischen Inhalt absolviert, und ein Drittel hat ein pädagogisches Studium mit einem pädagogischen Haupt- oder Nebenfach abgeschlossen (Koscheck, 2018). Dieser relativ hohe Akademisierungsgrad korrespondiert mit den Bedarfen der Anbieter, die insb. auf fachliche Kompetenzen achten, wenn Rekrutierungsentscheidungen getroffen werden müssen (ebd.). Doch sowohl hinsichtlich der nachgefragten als auch der in den Organisationen tatsächlich vorhandenen Qualifikationen gibt es zwischen den Weiterbildungskontexten beträchtliche Unterschiede. Besonders hoch ist der Akademisierungsgrad in den Hoch- und Berufsschulen, eher gering bei kommerziellen Einrichtungen (ebd.). Ein besonderes Merkmal der Qualifikationen des Weiterbildungspersonals ist zudem die sehr stark ausgeprägte fachliche Heterogenität der Berufsabschlüsse. Diese geringe „berufsfachliche Dichte“ steht in deutlichem Gegensatz zur hohen Verdichtung von Fachabschlüssen in klassischen Professionen (z. B. Ärztinnen und Ärzte, Juristinnen und Juristen) und ist vergleichbar mit Berufsgruppen wie journalistisch Tätigen, Unternehmensberatenden oder Softwareentwickelnden (Martin & Schrader, 2021).

Das Fort- und Weiterbildungsverhalten ist beim Personal in der Weiterbildung (insb. beim lehrenden Personal) überdurchschnittlich ausgeprägt. Insgesamt liegt die Weiterbildungsbeteiligung (an wenigstens einer Maßnahme in den letzten zwölf Monaten) bei 77 Prozent, bei Lehrenden sogar bei 81 Prozent (Autorengruppe wb-personalmonitor, 2016). Die Weiterbildungsbeteiligung der erwachsenen Wohnbevölkerung liegt hingegen bei 58 Prozent (ebd.). Knapp 60 Prozent des Weiterbildungspersonals verfügen zudem über erwachsenenpädagogische Zusatzqualifikationen. Am weitesten verbreitet ist dabei die Ausbildereignung nach der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) (ebd.).

Literatur

Autorengruppe wb-personalmonitor. (2016). Das Personal in der Weiterbildung. Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, Qualifikationen, Einstellungen zu Arbeit und Beruf (Reihe DIE Survey. Daten und Berichte zur Weiterbildung, Bd. 1). Bielefeld: wbv Publikation.

Krause, N. (2018). Arbeitsmarkt und Arbeitsverhältnisse in der Weiterbildung. Segmentationstheoretische Überlegungen und empirische Befunde. In R. Dobischat, A. Elias & A. Rosendahl (Hrsg.), Das Personal in der Weiterbildung: im Spannungsfeld von Professionsanspruch und Beschäftigungsrealität (S. 309–327). Wiesbaden: Springer VS.

Koscheck, S. (2018). Pädagogische Professionalität in Teilsegmenten der Weiterbildung. In R. Dobischat, A. Elias & A. Rosendahl (Hrsg.), Das Personal in der Weiterbildung: im Spannungsfeld von Professionsanspruch und Beschäftigungsrealität (S. 161–184). Wiesbaden: Springer VS.

Martin, A. & Schrader, J. (2021). Das Personal in der Weiterbildung. In S. Widany, E. Reichart, J. Christ & N. Echarti (Hrsg.), Trends der Weiterbildung. DIE-Trendanalyse 2021 (Reihe DIE Survey. Daten und Berichte zur Weiterbildung, Bd. 10, S. 179–208). Bielefeld: wbv Publikation.

Marx, C., Goeze, A., Kelava, A. & Schrader, J. (2018). Lehrkräfte in der Erwachsenen- und Weiterbildung –
Zusammenhänge zwischen Vorbildung und Erfahrung mit dem Wissen über Lehr-Lernmethoden und -konzepte. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 41(1), 57–77.

Nittel, D. (2011). Freiberufliche Erwachsenenbildner – Eine neue Pädagogen-Generation? In T. Eckert, A. von Hippel, M. Pietraß & B. Schmidt (Hrsg.), Bildung der Generationen (S. 347–359). Wiesbaden: Springer VS.

Schmiedel, S., Schneider, C. & Vollmar, M. (2010). Erhebung zu Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.

Kultusministerkonferenz
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