Elisabeth Reichart
DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-013
Unter A. versteht man alle Maßnahmen organisierter → Bildung in der → Erwachsenen- und Weiterbildung. Der Begriff impliziert die Freiwilligkeit der Teilnahme und rekurriert auf Charakteristika des Markts (Nachfrage). Das A. kann durch verschiedene Merkmale beschrieben werden, z. B. Inhalte, Ziele, in Aussicht gestellten Kompetenzen und Qualifikationen, Teilnahmevoraussetzungen und Kosten einer Bildungsveranstaltung oder eines Werkzeugs zum Selbstlernen (→ digitales Lernen). Diese Informationen über die Bildungsmaßnahme werden von einem → Weiterbildungsanbieter im Rahmen des weiter gefassten und thematisch oder nach anderen Aspekten gegliederten → Programms der Bildungseinrichtung veröffentlicht (Gieseke, 2019).
Die Präsentation dieser Informationen dient der Gewinnung von → Teilnehmenden, die auf dieser Grundlage und ggf. durch Abgleich mit Alternativen über eine Teilnahme an der Bildungsveranstaltung entscheiden. Aus Marketingsicht (→ Marketing) versteht man darunter das Bewerben eines (in diesem Fall immateriellen) Guts, das auf dem Markt abgesetzt werden soll (Reich-Claassen & Hippel, 2018). Die Bedeutung des Angebots für das Zustandekommen einer Bildungsentscheidung ist in der Erwachsenen- und Weiterbildung höher als in anderen Bildungsbereichen, da es neben einem formalen A. eine Vielfalt an non-formalen und informellen Lerngelegenheiten gibt (→ formale – non-formale –
informelle Bildung) und damit die Anforderungen an die Orientierungsleistung und Eigenverantwortung der Bildungsinteressierten besonders hoch sind.
Dies wird theoretisch im Supply-Demand-Model von Boeren, Nicaise und Baert (2010) verdeutlicht: Die Teilnahme eines Individuums an Weiterbildung (→ Teilnahme an Erwachsenen- und Weiterbildung) ist davon abhängig, wie das Individuum die Bildungsanbieter und deren im Programm veröffentlichtes A. wahrnimmt. Eine Teilnahmeentscheidung kommt dann zustande, wenn die Vorstellung, die Bildungsinteressierte von einem A. gewinnen, mit deren implizit oder explizit vorhandenen Nachfrage zusammenpasst. Beide Faktoren werden als eingelagert in verschiedene Bezugssysteme von Individuen und Weiterbildungsanbietern modelliert, zu denen z. B. Lernvoraussetzungen des Individuums, dessen Arbeitsplatz und Motive oder – mit Blick auf die Organisation und deren Umfeld – bildungspolitische Regulierungen und Förderrichtlinien (→ staatliche Weiterbildungsförderung) sowie insgesamt wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen gehören (→ Regulative der Weiterbildungsbeteiligung).
Wegen der vergleichsweisen großen Heterogenität von Weiterbildungsanbietern und deren A. wird die Frage der Transparenz in der bildungspolitischen Debatte (→ Weiterbildungspolitik) immer wieder aufgegriffen. Weiterbildungsdatenbanken, die Angebote durchsuch- und vergleichbar machen, werden vielfach öffentlich gefördert.
Neben einem A. von formalisierten Bildungsveranstaltungen in Präsenz- oder Online-Form hat in den letzten Jahren das A. von Möglichkeiten des Selbstlernens (z. B. auf Lernplattformen) an Bedeutung gewonnen (→ Selbstorganisation – Selbststeuerung – Selbstlernen). → Supportstrukturen aller Art wurden in das Angebotsspektrum von Weiterbildungsanbietern aufgenommen, die die Auswahl von einem geeigneten Bildungsangebot, das → Lernen sowie den Erwerb von → Qualifikationen auf Basis von informell oder non-formal erworbenen → Kompetenzen unterstützen sollen.
Für die → Bildungsberichterstattung stellt die Erfassung des Angebots insofern eine Herausforderung dar, dass Daten der Weiterbildungsstatistik von Anbietern i. d. R. nur die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen, nicht aber das ursprünglich veröffentlichte A. wiedergeben; somit ist über die Interaktion von A. und Nachfrage noch wenig bekannt. Potenziale für Verbesserungen der Datenlage bestehen durch die Nutzung von Weiterbildungsdatenbanken, Lernplattformen und die Verknüpfung mit Daten der Nutzung dieser Werkzeuge. Diese könnte dazu beitragen, das A. nicht nur für Weiterbildungsinteressierte, sondern auch für steuernde Akteure transparenter zu machen, sodass bildungspolitisch relevante Angebotsbereiche gezielter gefördert werden können.
Zum Umfang und zur Struktur des Weiterbildungsangebots insgesamt gibt es aufgrund der disparaten Datenlage bisher nur wenige Forschungsergebnisse. Näherungsweise kann anhand von Daten zur Verteilung von Anbietern für Deutschland gezeigt werden, dass der Umfang des Weiterbildungsangebots regional stark variiert (→ Erwachsenenbildung in der Region) (Schrader & Martin, 2021). Forschung zum A. in der Weiterbildung bezieht sich daher meist auf einen geografisch (z. B. Bundesland) oder über einen Anbietertyp abgegrenzten Teilbereich (z. B. die → Volkshochschulen). Bei der Forschung zur Angebotsentwicklung bestehen enge Bezüge zur → Programmforschung. Als Quellen werden hier häufig die Programme von Weiterbildungsanbietern herangezogen. Quantitativ-empirische Arbeiten nutzen Daten von Anbieterstatistiken, um Veränderungen der Angebotsstruktur zu untersuchen (z. B. Martin, Granderath & Rüber, 2020).
Literatur
Boeren, E., Nicaise, I. & Baert, H. (2010). Theoretical models of participation in adult education: the need for an integrated model. International Journal of Lifelong Education, 29(1), 45–61.
Gieseke, W. (2019). Programm und Angebot. In M. Fleige, W. Gieseke, A. von Hippel & B. Käpplinger (Hrsg.), Programm- und Angebotsentwicklung in der Erwachsenen- und Weiterbildung (Lehrbuchreihe Erwachsenen- und Weiterbildung. Befunde – Diskurse – Transfer, Bd. 2, 2., korr. Aufl., utb 4966, S. 18–27). Bielefeld: wbv Publikation.
Martin, A., Granderath, J. S. & Rüber, I. E. (2020). Course profiles and participation in german adult education centers during times of migration: a longitudinal study. Adult Education Quarterly, 71(2), 184–204.
Reich-Claassen, J. & Hippel, A. von (2018). Programm- und Angebotsplanung in der Erwachsenenbildung. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung (Reihe Springer Reference Sozialwissenschaften, 6., überarb. u. akt. Aufl., Bd. 2, S. 1403–1425). Wiesbaden: Springer VS.
Schrader, J. & Martin, A. (2021). Weiterbildungsanbieter in Deutschland: Befunde aus dem DIE-Weiterbildungskataster. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 44(3), 333–360.