Supervision

Elisabeth Fuchs-Brüninghoff

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-262

S. ist ein Beratungsformat im beruflichen Kontext. Es entstand Ende des 19. Jh. in den USA als Praxisanleitung für freiwillige Sozialhelferinnen und -helfer durch Expertinnen und Experten und hatte im Wesentlichen berufsqualifizierende und administrative Funktionen. Im angelsächsischen Raum wird S. bis heute mit Anleitung und Aufsicht verbunden, wohingegen im deutschen Sprachraum S. für Beratung und Reflexion steht. Seit den 1950er Jahren hat S. sukzessive im Sozial- und Gesundheitsbereich, dann auch im Bildungsbereich sowie in Verwaltung, Politik und Betrieben Eingang gefunden.

In der S. gibt es unterschiedliche Richtungen, von psychoanalytisch über systemisch bis hin zu psychodramatisch, und folglich keine einheitliche Definition. Je nach historischer Wurzel ist die Grundlage für das Handeln eher tiefenpsychologisch, systemisch, klientenzentriert, verhaltens- oder social-group-work-orientiert; dennoch wird meist methodenintegrativ gearbeitet (Boeckh, 2008).

Bei S. geht es um eine systematische Reflexion beruflichen Handelns, bei der im Wesentlichen drei Zielsetzungen im Zentrum stehen:

  1. das berufliche Handeln zu verbessern (je nach Tätigkeit bezogen auf den Umgang mit Klientinnen und Klienten, Lernenden und Kundinnen und Kunden bzw. auf den Umgang mit Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeitenden und Vorgesetzten);
  2. die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen und Psychohygiene zu bewirken (je nach psychischer Belastung, die mit der Tätigkeit verbunden ist);
  3. die Wirksamkeit des eigenen beruflichen Handelns einzuschätzen.

Hierzu werden konkrete Situationen aus dem Berufsalltag in den Blick genommen und die Verschränkung der Ebenen Sache, Person und Organisation beleuchtet. Der Handlungs- und Gestaltungsanteil der Supervisandin bzw. des Supervisanden steht dabei im Vordergrund.

S. wird in verschiedenen Formen angeboten:

  • Bei einer Einzel-S. reflektiert eine einzelne Person mit einer Supervisorin bzw. einem Supervisor ihre Fragestellungen. Dadurch wird häufig intensiver an der Person und an den biografischen Einflüssen (Biografie) auf das berufliche Handeln gearbeitet als in Gruppen- und Teamsituationen. Als eine Sonderform der Einzel-S. hat sich die Leitungsberatung entwickelt, die insb. das Zusammenspiel zwischen Leitungspersönlichkeit und Organisationskultur fokussiert.
  • In einer Gruppen-S. kommen Personen aus verschiedenen Organisationen zu einer Supervisionsgruppe zusammen, d. h. sie haben keine konkreten Arbeitsbeziehungen miteinander. In der Gruppen-S. werden schwierige Arbeitssituationen oft als Szene rekonstruiert und bearbeitet (fallbasierte Weiterbildung – Fallarbeit). Dabei sind Perspektivenwechsel ein wichtiges Arbeitsprinzip.
  • Bei einer Team-S., die auch Bestandteil einer Organisationsentwicklung sein kann, kommen alle Personen aus derselben Institution und haben feste Arbeitsbezüge miteinander.

Themen der S. können sowohl die Außenbeziehungen (zu Klientinnen und Klienten, zu Lernenden, zu Kundinnen und Kunden) als auch Innenbeziehungen (zwischen den Teammitgliedern, aber auch zu anderen Personen oder zu Gruppierungen in derselben Organisation) sein. S. ist eine Form von Fortbildung und ein Instrument der Personalentwicklung. Da es sich um einen Beratungsprozess handelt (Beratung im Kontext lebenslangen Lernens; Organisationsberatung), liefert S. keine schnellen Lösungen und kann bei bestimmten Arbeitskonflikten personalrechtliche Entscheidungen nicht ersetzen. In Verbindung mit der Ausbildung zur Supervisorin bzw. zum Supervisor oder zur Psychotherapeutin bzw.- therapeuten findet man die Spezialformen der Lehr-S. bzw. Ausbildungs-S.

Zwischen S. und anderen Beratungsformen mit dem Fokus auf berufliches Handeln, wie Coaching, kollegialer Beratung und Intervision, gibt es teilweise Überschneidungen.

Im Handlungsfeld der S. sind im Wesentlichen vier Akteure vertreten: die Ausbildungsinstitute unterschiedlicher Ausrichtung (inkl. Universitäten), die Praxis mit mehreren Tausend Supervisorinnen und Supervisoren, die Forschung und die Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching e. V. (DGSv) als Berufs- und Fachverband für exzellente Beratung.

Die Erforschung von Prozessen der S. und ihre Wirkung gilt generell als schwierig, da eine Vielzahl von Ebenen und Variablen zu beachten sind (Busse & Hausinger, 2013; Haubl, 2017). Hinzu kommt, dass es sich bei der S. um ein Beratungsformat handelt, das sich ständig weiterentwickelt (z. B. Online-S.).

Literatur

Boeckh, A. (2008). Methodenintegrierte Supervision. Ein Leitfaden für Ausbildung und Praxis. Stuttgart: Klett-Cotta.

Busse, S. & Hausinger, B. (Hrsg.). (2013). Supervisions- und Coachingprozesse erforschen. Theoretische und methodische Zugänge (Reihe Interdisziplinäre Beratungsforschung, Bd. 7). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Haubl, R. (2017). Grundsatzfragen der Supervisionsforschung. In H. Pühl (Hrsg.), Das aktuelle Handbuch der Supervision. Grundlagen – Praxis – Perspektiven (unveränd. Neuaufl., S. 348–361). Berlin: Psychosozial-Verlag.

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