Bildungsmanagement

Christiane Griese

DOI: https://doi.org/10.35468/wbeb2022-039

B. ist an der Schnittstelle zwischen bildungswissenschaftlicher Expertise und Managementlogiken angesiedelt. B. bedeutet, beide Ansprüche miteinander in Beziehung zu setzen. Professionelles B. in einer Bildungseinrichtung hat beiden Handlungslogiken – einer­seits der des eigentlichen Bildungsprozesses (z. B. Inhalte und Themen, → ­Didaktik und Methodik, Einsatz von Medien in Lehr-Lern-Prozessen, Kooperations- und Kommunikationsformate) und anderseits der des Managements (z. B. Leitung, Personalführung, Personalrekrutierung, Steuerung, Aufbau- und Ablaufplanung, Con­trolling, Finanzierung) – gerecht zu werden.

Die Einführung des New Public Managements seit Beginn der 1990er Jahre ging mit der Etablierung von Managementkonzepten nicht nur in privatwirtschaftlichen, sondern auch in staatlichen Bildungsorganisationen einher. Ziel war es, über moderne Steuerungsmechanismen strategisch auf den zunehmenden Rationalisierungs- und Verbesserungsdruck aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu reagieren (Röbken, 2008, S. 14ff.). Die Verbesserung der Qualität staatlicher Institutionen, auch im Bildungsbereich, adres­sierte dabei drei identifizierte Steuerungslücken: (1) Effizienzlücken (fehlende Anreize zur effizienten Mittelverwendung), (2) Strategielücken (fehlende Orientierung an klaren Entwicklungszielen und Prioritäten) und (3) Managementlücken (fehlende Instrumente zur Leistungssicherung und -kontrolle).

Wenn davon auszugehen ist, dass Organisationen Aufgaben rational zu erfüllen haben, dann intendiert der Begriff „Management“ den „Anspruch, Aufgaben, die in Unternehmen bzw. Organisationen auftauchen, in professioneller Weise abzuarbeiten“ (Knyp­hausen-Aufseß, 2011, S. 56). Entsprechend der Funktionen von Organisationen werden deren Aufgaben im Rahmen des Managements analysiert, in Einzelaufgaben zerlegt und entsprechenden Stellen, Abteilungen, Ressorts, Funktionsträgern usw. zugewiesen sowie in Bezug auf die Gesamtaufgabe synthetisiert.

Im Kontext des Umbaus von Bildungsinstitutionen nach den betriebswirtschaftlichen Maßgaben von Effektivität und Effizienz (Wirtschaftlichkeit) musste zuerst das Phänomen Bildung den Logiken des Managements plausibel unterworfen werden. Dazu wurde der Produkt- bzw. Dienstleistungscharakter von Bildungsangeboten (Unterrichten, Betreuen, Beraten, Entwickeln) hervorgehoben. Dies gestaltete sich teilweise widersprüchlich und wurde von kritischen Diskursen begleitet, da sich bei der „Herstellung“ von Bildung keine eindeutige „Produktionskette“ zwischen In- und Output nachweisen lässt. Vielmehr ist sie weitgehend wirkungs- und damit ergebnisoffen. Die „Konsumierenden“ von Bildung und damit die „Abnehmenden“ von Bildungsangeboten sind gleichzeitig „Ko-Produzenten“ sowohl des Bildungsprozesses als auch seiner Ergebnisse. In der Pädagogik ist man sich dieses sog. Technologiedefizits bzw. einer diesbezüglichen Legitimationslücke bewusst (Griese, 2016). Nichtsdestotrotz werden Bildungsorganisationen und die in ihnen professionell Tätigen immer auch mit Erwartungen nach Planungssicherheit und Effektprognosen konfrontiert.

Da Bildung spätestens seit dem industriellen Zeitalter bürokratisch verwaltet in einem organisationalen Kontext „hergestellt“ und angeboten wird, außerdem auf gesellschaftliche (Erziehung der Staatsbürger) und wirtschaftliche Zwecke (fachliche Ausbildung von Arbeitskräften) ausgerichtet ist, waren immer schon bildungsökonomische Entscheidungen zu treffen (Bildungsökonomie). Mit der Herausbildung eines nationalstaatlichen Bildungssystems (verschiedene Schulformen und Bildungsinstitutionen, Verwaltung und Administration, Bereitstellung von Gebäuden, materielle und personelle Ausstattung) musste auch fortdauernd geprüft werden, ob sich der Einsatz von Ressourcen (Finanzen, Zeit, Anstrengungen) für die Bereitstellung bzw. Aneignung von Bildungsgütern lohnt. Somit ist davon auszugehen, dass mit dem Entstehen eines Systems von Bildungs­organisationen immer auch Formen und Mechanismen von Ertrags-Wirkungs-Kontrolle Einzug halten mussten. Außerdem ist auch eine Bildungsorganisation, trotz dieser Widersprüchlichkeit, darauf angewiesen, in der Organisation verankerte und gemeinsam angestrebte Organisationsziele zu verfolgen, um ihren Bestand als solchen und insb. in einer sich ständig wandelnden gesellschaftlichen Umwelt (politisch, ökonomisch, sozial, kulturell) zu sichern. Insofern sind Bildungsorganisationen – zumal jene aus Steuermitteln finanzierten – auch genötigt, sich ständig zu verändern (Organisationsentwicklung), damit sie ihre Kernziele weiterhin funktionsadäquat erreichen können. Um solchen Ansprüchen im Bildungsbereich gerecht werden zu können, scheint es plausibel, Prinzipien, Konzepte, Strategien und Methoden des Managements zu adaptieren sowie B. zu professionalisieren und organisational zu verstetigen.

Literatur

Gessler, M. & Sebe-Opfermann, A. (Hrsg.). (2018). Handlungsfelder des Bildungsmanagements. Ein Handbuch (2., überarb. Aufl.). Hamburg: tredition.

Griese, C. (2016). Bildungsorganisationen und Bildung als Objektbereich von Evaluation. In C. Griese, H. Marburger & T. Müller (Hrsg.), Bildungs- und Bildungsorganisationsevaluation. Ein Lehrbuch (S. 25–40). Berlin: De Gruyter.

Knyphausen-Aufseß, D. zu (2011). Management. In C. Griese & H. Marburger (Hrsg.), Bildungsmanagement. Ein Lehrbuch (S. 55–74). München: Oldenbourg.

Röbken, H. (2008). Bildungsmanagement in der Schule. Bildungseinrichtungen effektiver und nachhaltig führen (Schulmanagement-Handbuch, Bd. 125). München: Oldenbourg.

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